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Trauer um engagierten Historiker und Kommunismusexperten

Prof. Wolfgang Leonhard, Ehrendoktor der Technischen Universität Chemnitz, ist verstorben

Er gilt als einer der kompetentesten Experten für die Ideologie und Geschichte des Kommunismus: Prof. Wolfgang Leonhard, der am Sonntag nach langer Krankheit in Daun in der Eifel starb, wurde 93 Jahre alt.

Jahrzehntelang hat Leonhard die Länder unter der Herrschaft des Kommunismus beobachtet, ihre Politik sachkundig kommentiert und gedeutet, Entwicklungen vorhergesagt. Die Treffsicherheit seiner Analysen verdankt Leonhard seiner Kenntnis des Kommunismus von innen. Schließlich hatte er selbst einmal zum äußeren Zirkel der Macht in der sowjetischen Besatzungszone, der späteren DDR, gehört. Bereits im April 1945, noch vor der deutschen Kapitulation, war der damals 24-Jährige mit der "Gruppe Ulbricht" nach Berlin zurückgekehrt.

Der am 16. April 1921 in Wien geborene Wolfgang Leonhard war 1935 als junger Kommunist mit seiner Mutter vor Hitler in die Sowjetunion geflohen, wo er zum kommunistischen Funktionär ausgebildet wurde. Bald jedoch kamen Leonhard erste Zweifel an der Praxis des Kommunismus sowjetischer Prägung. Im März 1949 flüchtete er aus der Sowjetischen Besatzungszone nach Jugoslawien, wo sich der einstige Partisan Tito gerade von Stalin losgesagt hatte und einen reformsozialistischen Weg beschritt. Ende 1950 kam Wolfgang Leonhard in die Bundesrepublik. Dort arbeitete er zunächst in einer kleinen unabhängigen marxistischen Vereinigung mit. Erst 1955 gelang es ihm, sich endgültig vom Kommunismus zu lösen. Dabei half ihm das Schreiben eines Buches, in dem er seine Erfahrungen verarbeitete: "Die Revolution entlässt ihre Kinder" wurde zu einem Weltbestseller. Über Oxford und die Columbia-Universität New York ging er als Professor an die Historische Fakultät der Universität Yale, wo er bis 1987 mehr als zwei Jahrzehnte über das Thema seines Lebens lehrte.

Dem weltweit geachteten Historiker, anerkannten Buch- und Zeitungsautor sowie Politikberater verlieh die Technische Universität Chemnitz bereits im Dezember 1998 die Ehrendoktorwürde - für "seine herausragenden Leistungen in der Erforschung der kommunistischen Ideologie und in Anerkennung seiner Verdienste um die Vermittlung des Wesens kommunistischer Diktaturen". Die meisten Chemnitzer kennen Leonhard insbesondere aus dem Jahr 1997, als der Gastprofessor an der TU vielbeachtete Vorlesungen hielt. Hunderte Chemnitzer Bürger, nicht nur Studenten, drängten damals in seine Vorträge, die mehrfach in immer größere Hörsäle verlegt werden mussten. Auch in den Folgejahren erfreuten sich Veranstaltungen mit ihm in Chemnitz und anderen Städten großer Beliebtheit.

Mario Steinebach
19.08.2014

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