Klöster waren immer auch Orte, die soziale Funktionen für die Gesellschaft erfüllten. Benediktinern und Zisterziensern war die Aufnahme von Gästen durch die Benediktusregel vorgeschrieben. Das machte die Klöster zu wichtigen Faktoren für das Reisen im Mittelalter. Sie boten allen Zuflucht, die an ihre Tore klopften. Ob Adlige, Pilger, Boten oder Angehörige des eigenen oder fremder Orden - das Kloster bot Fremden Gastfreundschaft, wie es die Benediktusregel verlangt. "Alle Fremden, die kommen, sollen aufgenommen werden wie Christus; denn er wird sagen: 'Ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen.'" Orden wie die Zisterzienser, deren Klöster in der Einsamkeit gegründet werden sollten, boten dadurch auch in unwirtlichen Gegenden Zuflucht. Gelegentlich, z.B. bei an Pilgerwegen gelegenen Klöstern, konnte diese Gastungspflicht wirtschaftlich belastend werden, so daß im Laufe der Zeit besondere Vorschriften erlassen wurden, welche die Aufnahme von Gästen regulierten. Besonders in schlecht erschlossenen Gegenden bedeutete die Gewißheit, wenigstens in Abständen einen sicheren Ort zur Rast vorzufinden, eine große Erleichterung für die Reisenden. Für die Klöster bot die Beherbergung von Gästen neben der Kommunikation untereinander durch reisende Mönche auch die Möglichkeit, ihre Kultur nach außen zu präsentieren.
Gäste wurden je nach ihrem Rang verschieden untergebracht und bewirtet, denn wenn auch die Menschen vor Gott gleich sein mochten, mischte man Arm und Reich doch nicht. Da es im Gästehaus - die Besucher unterlagen schließlich keinem monastischen Schweigegebot - oft recht lebendig herging, sah es der St. Galler Klosterplan an der der Klausur abgewandten Seite der Kirche vor. Das Gästehaus der Armen war dem der Reichen ähnlich konzipiert, aber deutlich weniger luxuriös, nicht beheizbar und ohne Latrinen. Auch waren die Speisen der Armen sparsamer bemessen. Für die Gäste gab es eine eigene Küche und Brauerei, um den geregelten Klosterbetrieb mit seinen häufigen Fastenzeiten nicht zu stören. Mönche, die in einem fremden Kloster zu Gast waren, wurden in eigenen Zellen untergebracht, zwar auch an der Nordseite der Kirche, aber an sie angelehnt und vermutlich mit einem eigenen Zugang zu ihr. Ein Gastaufenthalt dauerte im Durchschnitt bis zu drei Tagen, Arme wurden, wenn sie nicht krank waren, bereits am zweiten Tag weitergeschickt.
Die Kirche hatte sehr früh begonnen, in den klösterlichen Hospitälern Orte zu schaffen, die der Krankenpflege dienten, die sich aber häufig auch der Alten annahmen. Der Klosterplan von St. Gallen zeigt mit seinem, durch eine gemeinsam genutzte Kapelle vom Noviziat getrennten, Hospital, daß die Krankenpflege schon im neunten Jahrhundert als selbstver-ständliche Aufgabe angesehen wurde. Ebenso sieht der Plan ein Ärzte- und ein Aderlaßhaus vor, außerdem einen Kräutergarten. In diesem wurden Heilpflanzen angebaut. In Sachsen findet sich im Kloster Marienstern ein nach altem Vorbild angelegter Klostergarten.
Speziell für die Krankenpflege entstanden auch Hospitalorden, deren Hauptanliegen diese soziale Funktion im Dienst Gottes war. Die Johanniter und der Deutsche Orden waren vor ihrer Umwandlung in Ritterorden Hospitalbruderschaften, und sie behielten die Tradition der Krankenpflege auch nach der Umwandlung bei. Der Dienst am Kranken wurde als Dienst an Gott gesehen, so wie das Gebet wichtiger Bestandteil der Therapie war. In den Heilmethoden folgte man Brauch und Wissen der Zeit; oft schröpfte man Patienten oder ließ sie zur Ader. Betäubungsmittel waren, außer Alkohol, unbekannt. Die abendländische Medizin war weniger fortschrittlich als die arabische, aber in den Klosterbibliotheken lagen Abschriften medizinischer Werke der Antike, deren Wissen genutzt wurde, und weiteres kam mit der Gründung von Universitäten, die sich auch mit der arabischen Heilkunst befaßten, hinzu. Die Benediktusregel setzte in der Klostermedizin in gewisser Weise ein medizinisches Programm in Gang, das insbesondere die praktische Medizin prägte. Bäder und Diäten (im Sinne angemessener und kräftigender Nahrung bei Krankheit) sowie die Anwendung von Heilkräutern waren Teil der Behandlung Kranker in den Klöstern.
Auch andere Mönchsregeln, wie z.B. die der Johanniter zu Jerusalem von 1182, regelten den Umgang mit den Kranken. Die Johanniter achteten besonders auf die (damals bekannten) hygienischen Grund-lagen, und die Bruderschaft baute ihre Hospitäler so, daß die Kranken "Licht und Luft" erhielten. Auf der anderen Seite gab es auch eine "Ethik für die Patienten", die sich den geltenden Vorschriften unterwerfen, ihre Mitpatienten nicht belästigen und in manchen Spitälern auch, soweit es ihr Gesundheitszustand zuließ, durch einfache Tätigkeiten zum Wohl der Gemeinschaft beitragen sollten.
Literaturtips:
Norbert Ohler: Reisen im Mittelalter, Düsseldorf - Zürich 1999.
Thomas Schuler: Ungleiche Gastlichkeit. Das karolingische Benediktinerkloster, seine Gäste und die christlich-monastische Norm, Diss. masch.-schriftl., Bielefeld 1979.
Schipperges, Heinrich: Die Kranken im Mittelalter, München 31993.
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