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Mit Energie- und Ressourceneffizienz fit für die Zukunft

Die Professur Kunststoffe der TU Chemnitz baut Forschungsaktivitäten im Bereich „Duroplast-Verarbeitung“ weiter aus

Ein Forschungsschwerpunkt der Arbeitsgruppe „Duroplaste“ an der Professur Kunststoffe (Prof. Dr.-Ing. Michael Gehde) der Technischen Universität Chemnitz ist die Verarbeitung von reaktiven Materialien im Spritzguss-Prozess.

In den erfolgreich abgeschlossenen Forschungsprojekten „Großserientaugliches Herstellungsverfahren für neuartige elektrische Axialflussmotoren“ (GroAx) und „Faserverstärkte Duroplaste für die Großserienfertigung im Spritzguss“ (FiberSet) konnte das thermomechanische Potenzial der Werkstoffgruppe bereits gezeigt und genutzt werden. Demnach gibt es ein enormes Substitutionspotenzial für Metalle, Aluminium und Hochtemperatur-Thermoplaste. Das heißt, dass dieser durch andere Werkstoffe (die etwa wesentlich schwerer sind) abgelöst bzw. ersetzt werden kann. So zeichnen sich Duroplaste durch sehr gute mechanische Eigenschaften über einen weiten Temperaturbereich mit einem geringen und linearen Abfall der Steifigkeit über die Temperatur aus. Aufgrund geringerer Rohstoff- und Produktionskosten besitzen diese ebenfalls ein sehr günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis. Das unterstreicht das Substitutionspotenzial zusätzlich.

Neues Prüfverfahren zur Reduzierung von Chargen-Schwankungen

Allerdings unterliegen die im Spritzgussprozess verarbeitbaren duroplastischen Formmassen teilweise enormen Chargen-Schwankungen im Verarbeitungsprozess, wodurch sowohl die rheologischen Eigenschaften im Prozess, als auch die mechanischen Eigenschaften am Bauteil beeinflusst werden und das vorhandene Werkstoffpotenzial ungenutzt bleibt. Daher initiierte die Professur Kunststoffe in Zusammenarbeit mit industriellen Partnern aus der Arbeitsgruppe Duroplastteile des Verbandes Technischer Kunststoff-Produkte e.V. (GKV/TecPart e.V.) ein Projekt zur Offline-Ermittlung des Formmassenzustandes mit einem neu entwickelten Prüfverfahren zur Warenausgangs- und Wareneingangskontrolle. Das Projekt wird federführend von der TU Chemnitz gleitet und von der AiF direkt über zwei Jahre finanziert. Die gewonnenen Daten sollen mit im Spritzgussprozess aufgenommenen Daten zur Ermittlung des Fließ-Härtungsverhaltens in Abhängigkeit der vorliegenden Materialbedingungen und der Verarbeitungsparameter korreliert werden. Hierfür konnte die Firma FOS – Messtechnik für ein weiteres AiF-Projekt gewonnen werden, in welchem mittels eines neuartigen Sensormessprinzips die Fließfähigkeit der reaktiven Formmassen direkt im Prozess gemessen werden kann.

Die Forschungsprojekte leisten einen Beitrag zum großserientauglicheren Einsatz der duroplastischen Formmassen in der Automobilindustrie und der Elektrotechnik. Dadurch können ebenfalls die energetischen Vorteile der Materialien genutzt werden. So weist die Energiebilanz duroplastischer Formmassen (u.a. Phenolformmassen) im Vergleich zu klassischen Thermoplasten und Leichtmetallen deutliche Vorteile auf: Der Primärenergiebedarf zur Herstellung einer Phenolharzformmasse mit 50 % Glasfaserverstärkung ist im Vergleich zu Aluminium um ca. 85 % geringer und ca. 40 % niedriger verglichen mit Polyamid mit 50 % Glasfaserverstärkung. Das Temperaturprofil bei der Verarbeitung unterscheidet sich ebenfalls stark, da Phenolformmassen bei niedrigen Temperaturen im Bereich von 80 °C bis 100 °C plastifiziert werden. Die für das Aufschmelzen notwendige Energie wird größtenteils aufgrund durch Scherung entstehender Friktionswärme zugeführt. Die Temperaturdifferenz zum Plastifizieren der Werkstoffe von bis zu 300 Kelvin unterstreicht das ressourceneffiziente Potenzial der Duroplastverarbeitung. Da für die chemische Härtungsreaktion Wärme zugeführt werden muss, werden die Werkzeuge in der Regel elektrisch auf Temperaturen im Bereich von 170 °C bis 190 °C beheizt. Energetische Vorteile ergeben sich durch die bei der Vernetzungsreaktion entstehende Reaktionswärme und der Entfall der Vorhaltung eines Kühlmediums, wie bei der Temperierung von Thermoplastwerkzeugen.

Hohes energetisches Anwendungspotenzial

Die Energieeffizienz der duroplastischen Materialien besteht nicht nur hinsichtlich der notwendigen Herstellungs-beziehungsweise Produktionsenergie, sondern es ist ebenfalls ein hohes energetisches Anwendungspotenzial vorhanden. So werden u.a. Phenolharzschäume bereits als Dämmstoffe zur Wärmeisolierung eingesetzt. Aufgrund der geringeren Wärmeleitfähigkeit (0,2 W/mK) im Vergleich zu dem am häufigsten eingesetzten Dämmstoff Polystyrol (0,3 W/mK) besitzen diese ein höheres Isolationspotenzial, werden aber aufgrund der derzeitigen aufwendigeren Herstellung (Blockschäumen vs. Extrusion) kaum eingesetzt. Zusätzlich zu der geringen Wärmeleitfähigkeit besitzen die Phenolharze eine intrinsische flammhemmende Wirkung und reduzieren somit das Brandrisiko einer Gebäudehülle. Im Projekt FoamSet (Energieeffizient gefertigte naturbasierte duroplastische Phenol-Hartschäume zur Reduktion von Endenergieverlusten im Hochbau und in technischen Anlagen) sollen Phenolharze kontinuierlich in der Extrusion geschäumt werden und somit das Potenzial der Hartschäume auf Phenolbasis aus ökonomischer und ökologischer Sicht als alternativer Wärmeisolierungswerkstoff, durch Erarbeitung und Bereitstellung einer gesicherten Wissensgrundlage zur werkstoff- und verarbeitungsgerechten Anwendung, aufgezeigt und genutzt werden. Zusätzlich soll das Wärmeisolationspotenzial für komplexe dreidimensional geformte Spritzgussteile genutzt und somit u.a. die Wärmeabstrahlverluste in technischen Anlagen reduziert werden.

Bundes-Förderung von 2,3 Millionen Euro

Für die beteiligten Projektpartner (KraussMaffei Berstorff GmbH, Hexion GmbH, Robert Bosch GmbH, EJOT Baubefestigungen GmbH, Schöck Bauteile GmbH, KraussMaffei Technologies GmbH) ergibt sich somit die Möglichkeit der Nutzung eines energieeffizienteren und mit einer sehr großen Gestaltungsfreiheit versehenen Wärmeisolationssystems, welches nachhaltiger und ressourcenschonender hergestellt werden kann. Dies soll zu einer verbesserten Anwendbarkeit in komplexen und aufwendigen Wärmeisolationsfällen führen und somit energieeffizientere Lösungen in der Gebäudeisolation sowie in der Gebäudetechnik ermöglichen. Die Professur Kunststoffe der TU Chemnitz ist der Projektkoordinator und direkt an der Entwicklung der entsprechenden Materialien, der Verarbeitungsprozesse und der verschiedenen Prüfverfahren beteiligt. Das Volumen des Projektes FoamSet, welches im Rahmenkonzept der anwendungsorientierten nichtnuklearen FuE im 6. Energieforschungsprogramm der Bundesregierung zur Forschung für Energieoptimiertes Bauen gefördert wird, beträgt 2,3 Millionen Euro.

Erste Ergebnisse der laufenden Forschungsprojekte werden u.a. auf der 25. Internationalen Fachtagung Technomer vorgestellt. Diese findet am 9. und 10. November in Chemnitz statt. Hier können sich auch international agierende Kunststofffachleute im Rahmen von diversen Fachvorträgen und einer Poster-Ausstellung bzgl. neuer Entwicklungen im Bereich der Verarbeitung und Anwendung von Polymeren informieren.

(Autoren: Thomas Scheffler/Matthias Fejes)

 

Weitere Informationen erteilt Thomas Scheffler, Telefon 0371 531-39486, E-Mail thomas.scheffler@mb.tu-chemnitz.de.

Matthias Fejes
21.03.2017

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