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Die Absolventin und ehemalige Uni-Mitarbeiterin Janine Richter koordiniert heute ein ehrenamtliches Projekt zur sozialen Nachsorge für Hochwasserbetroffene

  • Sollte der Pegel der Chemnitz wieder bedrohlich ansteigen, sind Janine Richter und ihr Team vorbereitet, die Hochwasserbetroffenen zu unterstützen. Foto: Andy Schäfer

Als sich Janine Richter an der Technischen Universität Chemnitz für den Diplom­studiengang der Soziologie einschrieb, lag bereits eine angefangene Beamten­laufbahn hinter ihr. Aus München zog es sie zurück in die Heimat, um ihr Interesse an den gesell­schaftlichen Gesamt­zusammenhängen in Kombination mit psychologischer Verhaltens­forschung zu vertiefen. Trotz dem anfänglichen Wunsch nach mehr Praxis­nähe, erfuhr die aus Limbach-Oberfrohna stammende 30-Jährige dort mehr über das theoretische Fundament sozialer Arbeit. Einen Schlüssel­moment für die Bestimmung ihres weiteren Werdegangs stellten dann ihre ersten praktischen Tätig­keiten dar, in welchen sie ihre Eignung für die Arbeit mit Menschen als ihr Zukunftsmodell entdeckte.

Insgesamt kann Janine Richter bereits auf jede Menge Praxis­erfahrungen zurückblicken. Während des Studiums arbeitete sie drei Monate im Polizei­präsidium Chemnitz im Bereich der Kriminal­prävention. Sie organisierte Informations­veranstaltungen und widmete sich deren Evaluation. Ein wesentlicher Bestandteil ihrer Arbeit lag dabei in der Früh­erziehung, die Kinder und Jugendliche davor bewahren soll, in kriminelle Milieus abzurutschen. Noch vor der Vollendung ihrer Diplom­arbeit fand Janine Richter 2011 eine Anstellung bei der Agentur für Arbeit, für die sie Kontakt zu Unternehmen herstellte. Die hier gesammelten Erfahrungen konnte die Diplom-Soziologin einbringen, als sie drei Jahre später als Mitarbeiterin beim Mentosa-Projekt der TU Chemnitz tätig war. Das heute als MentYou umstrukturierte Projekt widmet sich der Suche von unternehmerischen Mentoren aus Sachsen, die Studierenden und Promovierenden in ihrem letzten Jahr vor dem Abschluss beratend zur Seite stehen können. Für die TU-Absolventin waren diese Anforderungen optimal auf ihr Know-how zugeschnitten. Nicht nur konnte sie Kontakte zu Arbeit­gebern aus ihrer früheren Tätigkeit bei der Arbeits­agentur akquirieren, sondern nutzte auch dort erlernte Fertigkeiten aus der Arbeit mit den Arbeitssuchenden. Darunter fallen die Beratung zur Arbeitsmarkt­situation genauso wie die Analyse von individuellen Stärken und Schwächen, die sie gemeinsam mit den angehenden Absolventen durchführte. Ihr Haupt­augenmerk lag dabei auf der Vermittlung beider Parteien. Sei es Unternehmen anzusprechen, Auswahlgespräche zu führen oder Aufgaben der Projekt­durchführung – Janine Richters Wirken hatte immer eine soziale Komponente.

Nachdem ihre Anstellung, die auf ein halbes Jahr befristet war, endete, wurde die 30-Jährige auf eine Ausschreibung des Malteser Hilfs­dienstes aufmerksam. Über die Aktion „Deutschland hilft!“ sollte in Chemnitz ein Ehren­amtlichen-Dienst der Malteser etabliert werden. Mit Bezug auf das landesweite Hochwasser 2013 lag der Fokus dabei auf der sozialen Nachsorge für Hochwasser­betroffene. Janine Richter wurde als eine der sachsenweit gesuchten Projektkoordinatorinnen eingestellt und suchte von nun an nach Hochwasser­betroffenen und Ehren­amtlichen, die sich ihnen annehmen. „Viele gerade ältere Betroffene sahen sich wieder mit Kriegs­situationen konfrontiert oder haben schlicht niemanden, der sie besucht“, erklärt sie die Notlage der Hochwasser­betroffenen. „Die Ehrenamtlichen schenken dann den Betroffenen Zeit für einen Spazier­gang oder ein Gespräch“, so die Diplom-Soziologin. Dabei sei der Umgang mit den Schicksalen der Betroffenen für sie selbst ein notwendiger Lern­prozess gewesen.

In ihrer Arbeit trägt Janine Richter die Allein­verantwortung für den Standort Chemnitz und steht dabei vor einigen Heraus­forderungen. Für Werbung stehen ihr nicht viele Mittel zur Verfügung und so ist Netzwerkarbeit auch in Verbindung zu städtischen Organisation gefragt. Zusätzlich bereitet sie die Ehren­amtlichen in speziellen Seminaren, an deren Ende ein Zertifikat zum jeweiligen erworbenen Kompetenzbereich steht, vor. Von der Dach­organisation wird der Projekt­koordinatorin in ihrer Tätigkeit viel Vertrauen entgegengebracht. „Ich bin sehr frei in meiner Arbeit und kann mir Aktionen einfallen lassen, meine Arbeitszeit frei einteilen und entscheiden, an wen ich herantrete“, so die Absolventin.

Für die Zukunft wünscht sie sich, dass sich dieses Angebot als langfristiger Besuchs­dienst etabliert. „Ich war erstaunt, wie engagiert und uneigennützig die Ehrenamtlichen arbeiten. Das sind Menschen, die gern etwas zurückgeben möchten“, teilt sie ihren Eindruck. Darüber hinaus konzentriert sich der Dienst nicht nur auf Hochwasser­themen. „Einsamkeit ist eigentlich das Thema, welches das Projekt bestimmt. Die Menschen zu erreichen, die einsam sind, aber keine Unterstützung in Anspruch nehmen, ist unsere immer größer werdende Aufgabe“, stellt Janine Richter abschließend voran.

(Autor: Andy Schäfer)

Katharina Thehos
04.02.2015

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