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Sprache - prägnant und politisch korrekt

Von LeserInnen und Sich-Bewerbenden: Sprachberaterin Dr. Ruth Geier hinterfragt die sprachliche Gleichstellung von Frauen und Männern

  • Dr. Ruth Geier leitet die Sprachberatung an der Technischen Universität Chemnitz. Fotomontage: Bildarchiv der Pressestelle/Wolfgang Schmidt

Liebe Leser(innen), LeserInnen, Leser/-innen oder liebe Leser und liebe Leserinnen - die Gleichberechtigung von Mann und Frau in der deutschen Sprache stellt nicht nur Behörden und Journalisten vor Herausforderungen. Auch für Nachrichtensprecher stellt sich die Frage, wie sich Kürze und Prägnanz, sprachliche Richtigkeit und politische Korrektheit verbinden lassen.

Dr. Ruth Geier von der Professur Medienkommunikation der Technischen Universität Chemnitz zeigt Vor- und Nachteile einer möglichen Gleichstellung in der Sprache auf. Als Leiterin der Sprachberatung an der TU sah sie sich bislang noch nicht mit der Thematik konfrontiert. Dennoch ist sie der Meinung, dass es durchaus vorteilhaft sein könnte, in Stellenausschreibungen "Ingenieurin" zu schreiben, um Frauen anzuregen, sich zu bewerben. "Allerdings versucht man damit nur an der sprachlichen Oberfläche zu kitten, was in der Gesellschaft nicht stimmt", meint sie. Natürlich dürfe Sprache niemanden ausschließen, aber "die Studentinnen sind bereits so emanzipiert, dass sie sich auch mit der maskulinen Form angesprochen fühlen", sagt die Dozentin aus eigener Erfahrung. Eine kleine Umfrage unter ihren Studenten zeigte zum Beispiel, dass mit dem Begriff "Politiker" sowohl Männer als auch Frauen assoziiert werden. "Circa 60 Studenten sollten im Seminar "Politiker" nennen. Bei 58 wurden auch weibliche genannt - und nicht nur Merkel", erklärt Dr. Ruth Geier und zeigt damit, dass Frauen durch die männliche Sprache nicht ausgegrenzt werden.

Die Nennung beider Formen in einem Text stellt sowohl Leser als auch Autor vor Probleme, meint Geier: "Das Binnen-I widerspricht beispielsweise der deutschen Sprache und aussprechen lässt es sich auch nicht." Ein anderes Problem sieht die Sprachberaterin bei Nachrichtensendungen: "Die Kürze ist sehr wichtig, zum Beispiel in der Tagesschau. Hier lassen sich bei der Menge und der wenigen Zeit für einzelne Nachrichten kaum immer weibliche und männliche Formen verwenden."

Persönlich bevorzuge sie aus diesen Gründen eine neutrale Form, solange es sich anbietet: Aus Studentinnen und Studenten werden dann beispielsweise Studierende. Eine solche neutrale Variante gebe es jedoch nicht immer, wie das Beispiel "Bewerber" verdeutlicht. "Die Form "Bewerbende" geht nicht, man müsste schreiben "Sich-Bewerbende", was natürlich sprachlich unmöglich ist", zeigt Geier die Grenzen auf.

Eine Veränderung der Sprache sei dennoch möglich, wenn auch langwierig. "Entscheidend ist der Medieneinfluss und die häufige Nutzung", meint Geier, "damit sich die Alltagssprache ändert." Doch bevor es dazu kommt, sollte das Problem der Diskriminierung an anderer Stelle angegangen werden. "Wichtig ist es, das Selbstbewusstsein der Frauen zu stärken und damit die Gesellschaft zu ändern", zieht Geier ihr Fazit. Erst an letzter Stelle sollte dann die Veränderung der deutschen Sprache stehen.

Weitere Informationen zur Sprachberatung: http://www.sprachberatung.tu-chemnitz.de

(Autorin: Sandra Edel)

Mario Steinebach
13.03.2012

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