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Solidarität mit Hindernissen

Wissenschaftler der TU Chemnitz erforschen den Diskurs zwischen Solidarność-Mitgliedern und westdeutschen Gewerkschaften zu Beginn der 1980er-Jahre

  • Prof. Dr. Stefan Garsztecki und sein Team analysieren im Rahmen des Forschungsprojektes unter anderem Zeitungen und Periodika mit Bezug zur Solidarność. Foto: Steve Conrad

Die politische Wende in Polen 1989 ist eng verknüpft mit der Gewerkschaft Solidarność. Diese entstand im Sommer 1980 aus der Streikbewegung in Danzig und vereinte regimekritische Intellektuelle und Arbeiter. Als im Dezember 1981 in Polen das Kriegsrecht ausgerufen wurde, ging dies mit einem Verbot der Solidarność einher. Viele Mitglieder emigrierten ins Ausland – unter anderem nach Westdeutschland. Ihren Diskurs mit westdeutschen Gewerkschaften und Intellektuellen untersuchen jetzt Wissenschaftler der Professur Kultur- und Länderstudien Ostmitteleuropas der Technischen Universität Chemnitz.

„Wir gehen davon aus, dass die hier in Gang gesetzten Debatten nicht nur das Denken beider Seiten beeinflusst haben, sondern auch wesentlich die deutsch-polnische Verständigung nach 1989 ermöglichten“, sagt Prof. Dr. Stefan Garsztecki von der Professur Kultur- und Länderstudien Ostmitteleuropas. Die Neuordnung Europas nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und die Wahrnehmung einer von den kommunistischen Machthabern sich unabhängig machenden Gesellschaft wurde auch in den Kontakten zwischen deutschen und polnischen Gewerkschaftlern vorbereitet, sind sich die Wissenschaftler sicher. Diskutiert worden seien damals Themenkomplexe wie das Verhältnis zwischen Gewerkschaften und Kirche, Fragen der deutsch-polnischen Versöhnung und der grundsätzlichen (Un-)Reformierbarkeit des Sozialismus. „Letztere Frage kann als ein Beitrag zur deutschen Wiedervereinigung verstanden werden“, sagt Garsztecki und erklärt eine weitere These der Forscher: „Die Verortung der Diskurspartner auf beiden Seiten in einem gewerkschaftlichen Milieu schuf eine Nähe, die die Aufnahme von Beziehungen ermöglichte. Beim Nahkontakt stellten sich jedoch unerwartete Differenzen heraus, an denen sich eine intensive diskursive Arbeit entzündete.“

Die Chemnitzer Wissenschaftler analysieren Zeitungen und Periodika der beteiligten Akteure und führen Zeitzeugeninterviews. Sie untersuchen das Verhalten der Akteure anlässlich einer Reihe ausgewählter Schlüsselereignisse sowie im Wandel der Zeit. Als lokales Fallbeispiel erforschen sie die Möglichkeiten und Grenzen des konkreten Zusammenwirkens zwischen Solidarność-Anhängern und westdeutschen Intellektuellen in Bremen, wo die Aktivitäten der westdeutschen Exilgruppe der Solidarność koordiniert wurden. „Das Projekt geht über die bereits vorliegenden Untersuchungen zu den westdeutsch-polnischen Kontakten hinaus, da es die Annäherungsprozesse lokal fokussiert analysiert“, so Garsztecki.

Als Ergebnis des Forschungsprojektes erarbeiten die Wissenschaftler eine Monographie, die anhand der exemplarischen Betrachtungen eine systematisch-analytische Darstellung des westdeutsch-polnischen Diskurses bietet. Das Projekt wird ab Januar 2016 von der Hans-Böckler-Stiftung für zwei Jahre mit knapp 90.000 Euro gefördert.

Weitere Informationen erteilt Dr. Piotr Kocyba, Professur Kultur- und Länderstudien Ostmitteleuropas, Telefon 0371 531-38521, E-Mail piotr.kocyba@phil.tu-chemnitz.de.

Katharina Thehos
11.02.2016

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