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Kirchen, Villen und Schlösser mit neugotischer Formenvielfalt

Der deutschlandweit bekannte Architekt Gotthilf Ludwig Möckel lernte einst an der Königlichen Gewerbschule und an der Baugewerkenschule in Chemnitz

  • Gotthilf Ludwig Möckel wirkte als Architekt vor allem in Zwickau, Dresden und Doberan. Quelle: Karl-Heinz Barth: Gotthilf Ludwig Möckel (1838-1915). Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Architektur der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, Parthas Verlag Berlin 2001. Bild: Universitätsarchiv
  • Geimpft laut Schein, konfirmiert an Ostern 1852: Gotthilf Ludwig Möckel lernte vom 19. April 1852 bis zum 19. März 1853 an der Königlichen Gewerbschule in Chemnitz, wie der Eintrag im Matrikelbuch unter Nummer 1025 zeigt. Bild: Universitätsarchiv
  • Aufgenommen am 10. Oktober 1853, abgegangen mit Zeugnis vom 11. März 1856: Im Matrikelbuch der Königlichen Baugewerkenschule Chemnitz ist Möckel mit der Nummer 387 verzeichnet. Das Schulgeld wurde ihm erlassen. Für das dritte Jahr ist notiert: "Um Ostern 1856 wurde Möckel bezüglich seines Fleißes und seiner Fortschritte die besondere Anerkennung des Lehrerkollegiums ausgesprochen." Bild: Universitätsarchiv

Im Laufe ihres 175-jährigen Bestehens hat die Technische Universität Chemnitz zahlreiche Absolventen hervorgebracht. Einer der ersten war Gotthilf Ludwig Möckel, der sich seinerzeit vor allem als gefragter Baumeister für Kirchen einen Namen machte. Als Sohn von Caroline Rosine Möckel (geborene Blumer) und Gotthilf Heinrich Möckel wurde er am 22. Juli 1838 in Zwickau geboren. Sein Vater entstammte einer Zwickauer Kupferschmiededynastie und war selbst als Kupferschmied tätig. Aufgrund seines frühen Todes besaß Familie Möckel jedoch nie viel Geld.

Nach dem Besuch der Zwickauer Bürgerschule von 1844 bis 1852 lernte Gotthilf Ludwig Möckel von 1852 bis 1853 an der Königlichen Gewerbschule in Chemnitz, einer Vorläufereinrichtung der TU Chemnitz. Dort bescheinigte man ihm bereits gute Leistungen im geometrischen Zeichnen und Freihandzeichnen. Bis 1856 absolvierte er anschließend eine Maurerlehre in Zwickau und studierte ab 1853 parallel dazu an der Königlichen Baugewerkenschule Chemnitz, wo er am 11. März 1856 seine Gesellenprüfung mit einer Durchschnittsnote von 1,3 abschloss. In den folgenden zwei Jahren arbeitete Möckel zunächst als Maurergeselle, später als Bauführer beim Zwickauer Meister August Heinrich Bekker. Anschließend war er bis 1860 bei der Osterzgebirgischen Staatsbahn in Zwickau, der Königlichen Sächsischen Staatseisenbahn in Chemnitz und für die Zwickauer Baufirma Eduard Fleckig tätig. 1860 zog er nach Hannover, um am dortigen Polytechnikum ein Architekturstudium aufzunehmen. Die Polytechnische Schule befasste sich vor allem mit der alten Gotik, insbesondere der des norddeutschen mittelalterlichen Ziegelbaus. Diesen Einfluss erkennt man auch in Möckels späteren Werken, denn er entwarf hauptsächlich neogotische Backsteinbauten. Um sein Studium zu finanzieren, arbeitete er gleichzeitig für das Architekturbüro von Edwin Oppler, dessen Lehren Gotthilf Ludwig Möckels weiteres Schaffen ebenfalls prägten. Beim Bau der Irrenanstalt in Göttingen (1862-1865) leistete Möckel als Techniker und erster Assistent erste selbstständige Arbeiten. Mit seiner künftigen Frau Emilie Amalie Christine Schlegel, Tochter eines Senators in Göttingen, kehrte er 1866 nach Zwickau zurück, wo beide am 15. Juni desselben Jahres heirateten. Das Paar hatte zusammen fünf Söhne und zwei Töchter.

Möckels weiteres architektonisches Wirken lässt sich territorial sowie zeitlich in drei Phasen gliedern: Zwickau (1866-1875), Dresden (1875-1885) und Doberan (1885-1915). Während seiner Zeit in Zwickau lag der Schwerpunkt seiner Tätigkeit im bürgerlichen Wohnhaus- und Villenbau. Gotthilf Ludwig Möckel verwendete dabei vor allem Klinker, Hausteine, Fachwerk und gotische Formen, was seine Zugehörigkeit zur Hannoverschen Architektenschule widerspiegelt. Damals entstanden unter anderem die Zwickauer Bade- und Heilanstalt, die Villen Engelbrecht, List und Dautzenberg sowie eine Wohnhauszeile in der Römerstraße in Zwickau.

1873 nahm Möckel an einem Wettbewerb zum Bau der Johanneskirche in Dresden teil. Nachdem er diesen bedeutenden Auftrag erhalten hatte, siedelte der Architekt in die sächsische Hauptstadt um, um sich dieser neuen Aufgabe gebührend widmen zu können. Die Johanneskirche gilt als Möckels bedeutendstes sakrales Bauwerk und verhalf ihm zum beruflichen Durchbruch. Vor allem was das Errichten und Renovieren von Kirchen betraf, war Möckel anschließend sehr gefragt. So betreute der Zwickauer in seiner Dresdner Schaffensperiode 33 Kirchenbauten, darunter 18 Neubauten. Auch die Schlösser von Wohla, Klemzig, Schönfeld und Grätz entwarf er zu jener Zeit.

Ab 1877 führten Gotthilf Ludwig Möckel erste Aufträge nach Doberan, wo ihm der bedenkliche bauliche Zustand des Münsters auffiel. Nachdem er den Großherzog Friedrich Franz II. über die Baufälligkeit der Klosterkirche informiert hatte, erhielt er 1883 den Auftrag zu deren Restaurierung - eine umfangreiche Aufgabe, die Möckels Übersiedlung nach Doberan erforderte. Da hier kaum Konkurrenz bestand, konnte er sich schnell durchsetzen und erhielt weitere Bauaufträge. Neben dem Kirchenbau widmete er sich auch einigen Profanbauten. So errichtete Möckel unter anderem das Doberaner Gymnasium, die Villa Winter sowie seine eigene Villa, die - bekannt unter dem Namen "Möckelhaus" - heute als Stadt- und Bädermuseum genutzt wird. Zudem verschafften ihm seine guten Beziehungen zum Adel weitere Schlossbauprojekte, darunter die Errichtung des Jagdschlosses Gelbensande sowie der Umbau der Schlösser Melkof und Preyl. Aus finanziellen Gründen und Profilierungsdrang übernahm Möckel außerdem gern auswärtige Aufträge, wie das Rostocker Ständehaus, die Potsdamer Erlöserkirche und die Lutherkirche in Danzig. Sein Wirken reichte sogar bis nach Smyrna in der heutigen Türkei, wo er die Johanneskirche errichten ließ.

Insgesamt konzipierte Gotthilf Ludwig Möckel etwa 130 Bauten, von denen 122 umgesetzt wurden. Dabei entwickelte er einen ungewöhnlichen Formenreichtum. Vor allem seine neogotischen Kirchen und Wohnhäuser lassen sich in fast ganz Deutschland nachweisen. Schon zu Lebzeiten wurde sein Werk hoch geehrt und anerkannt. So wurde ihm beispielsweise für die Errichtung der Dresdner Johanneskirche das Ritterkreuz erster Klasse des Albrechtordens verliehen, er wurde später zum Ehrenmitglied der Akademie der Bildenden Künste Dresden ernannt und erhielt Einladungen an den Schweriner Hof sowie Audienzen beim Kaiser. Insbesondere während seiner Doberaner Zeit hatte Möckel zudem zahlreiche Ämter inne. Unter anderem war er ab 1885 Baurat für Kirchenbausachen und Beirat des Oberkirchenrats, ab 1889 Leiter des mecklenburgischen Kirchenbauwesens, ab 1897 Geheimer Oberbaurat und ab 1900 Geheimer Hofbaurat. Erst im Alter von 77 Jahren trat der Chemnitzer Absolvent wegen "zunehmender Kränklichkeit" den Ruhestand an. Wenige Wochen später verstarb er am 26. Oktober 1915 in Doberan und wurde auf dem dortigen Friedhof beigesetzt.

(Autorin: Anett Michael)

Katharina Thehos
21.12.2013

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