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Chemnitzer ABC-Schützen in Aktion

Rennen, Balancieren und Hüpfen für die Wissenschaft: Das Projekt KOMPASS geht in die zweite Runde

  • Die Chemnitzer Sportstudenten Carsten Wölfing, Bernadette Ginzel, Anne Kraus und Felix Riehl bereiten mit Erstklässlern der Grundschule Harthau einen Test vor, bei dem die Schüler speziell konzipierte Liegestütze absolvieren, bei denen es sowohl auf Kraft als auch auf die Koordination der Armbewegungen ankommt. Foto: Andreas Truxa
  • Martin Salanga und Cindy Häsler untersuchen das Koordinationsvermögen der Erstklässler. Dabei geht es darum, innerhalb von 30 Sekunden so oft wie möglich zwischen zwei Hälften eines Brettes hin und her zu springen. Foto: Andreas Truxa

Seit dem 26. August 2011 findet wieder eine Überprüfung der motorischen Fähigkeiten der Chemnitzer Schulanfänger statt. Die Motoriktests werden von Mitarbeitern und studentischen Hilfskräften der Professur Sportmedizin/-biologie der Technischen Universität Chemnitz durchgeführt. "Die Tests finden in den Sportstunden der Erstklässler statt, so dass den Schulleitern und Lehrern nur geringer organisatorischer Aufwand entsteht", sagt Sportwissenschaftlerin Janine Oelze und ergänzt: "Die Aufgaben für die Schulanfänger sind einfach auszuführen, werden von unseren Testleitern kindgerecht erklärt und bringen den Kids dazu jede Menge Spaß." Die Überprüfung in den insgesamt 40 teilnehmenden Chemnitzer Grundschulen wird voraussichtlich bis November 2011 andauern.

Abgesehen von den Motoriktests umfasst das Projekt "Komplexe Allgemeine Schuluntersuchung (KOMPASS)" eine Elternbefragung zur Kinderfreizeit und Familiensituation sowie die Schuleingangsuntersuchungen, die vom Gesundheitsamt der Stadt Chemnitz durchgeführt werden. "Die Elternbefragungen fanden zu den so genannten Nullelternabenden an den Grundschulen im Mai und Juni dieses Jahres statt. Die Schuleingangsuntersuchungen des Gesundheitsamtes sind seit März 2011 abgeschlossen", berichtet Anett Rast vom Gesundheitsamt Chemnitz.

In diesem Jahr finden die KOMPASS-Untersuchungen in Zusammenarbeit der TU Chemnitz mit dem Gesundheitsamt der Stadt Chemnitz zum zweiten Mal statt. 2010 nahmen bereits 1.078 Eltern an der Befragung sowie 1.396 Erstklässler an den motorischen Tests teil. Das Gesundheitsamt der Stadt stellte der TU nach Einwilligung der Eltern 1.023 Datensätze der Schulanfänger zur Auswertung zur Verfügung. "Die Auswertung der letzten Erhebung ist mittlerweile weitestgehend abgeschlossen. Nachdem wir uns zunächst einen Überblick über die große Menge an Daten verschafft haben, wurden gezielt statistische Analysen durchgeführt", erklärte Prof. Dr. Henry Schulz, Leiter des Projektes sowie der Professur Sportmedizin/-biologie an der TU Chemnitz. Die Analyse der motorischen Fähigkeiten der Chemnitzer Erstklässler ergab, dass über 50 Prozent der getesteten Jungen und Mädchen eine durchschnittliche motorische Leistungsfähigkeit zeigten. Mehr als 30 Prozent der damaligen Schulanfänger erreichten sogar eine überdurchschnittliche Bewertung ihrer Gesamtmotorik. "Für die motorische Leistungsfähigkeit gesamt gesehen ist dieses Ergebnis zufriedenstellend. Jedoch setzt sich die Gesamtleistungsfähigkeit der Kinder aus den Disziplinen Schnelligkeit, Kraft, Ausdauer, Koordination und Beweglichkeit zusammen, in denen die Schulanfänger zum Teil sehr gute, allerdings auch mindere Leistungen zeigten. An diesen weniger entwickelten Fähigkeiten gilt es anzusetzen", schlussfolgert Oelze.

Beispielsweise balancierten knapp zehn Prozent der Kinder nicht mehr als 15 Schritte von maximal 48 möglichen auf schmalen Holzbalken rückwärts, 37 Prozent der getesteten Erstklässler erreichten bei den Rumpfbeugen (aus dem Stand Oberkörper vornüberneigen und die Hände so weit wie möglich zum Boden führen) mit ihren Fingerspitzen nicht das Bodenniveau und 13 Prozent der Schulanfänger konnten ihren Oberkörper bei den Sit-ups innerhalb von 40 Sekunden nicht mehr als fünfmal aus dem Liegen aufrichten. "Eine ausreichend entwickelte Rumpfmuskulatur ist nicht nur wichtig für eine gute Haltung, sondern ebenfalls notwendige Voraussetzung für das Tragen eines Schulranzens", gibt Prof. Schulz zu bedenken.

Im Rahmen der Auswertung des vorliegenden Datenmaterials stellten die Wissenschaftler des Weiteren fest, dass sowohl familiäre Gegebenheiten als auch geistig-sprachliche Fähigkeiten der Schulanfänger einen entscheidenden Einfluss auf ihre motorische Entwicklung nehmen. In erster Linie stehen die Art und der Umfang der körperlichen Aktivität der Kinder in ihrer Freizeit in engem Zusammenhang mit ihrer Motorik. "Dabei kommt es wesentlich auf den Inhalt der sportlichen Tätigkeit an: Schulanfänger, die etwa an sportartübergreifenden Angeboten in der Kindersportschule KiSS Chemnitz teilnehmen, zeigten die beste motorische Leistungsfähigkeit, gefolgt von jenen, die einer bestimmten Sportart in einem Sportverein nachgehen", sagt Oelze. 37 Prozent der Erstklässler besuchten zudem vor ihrer Einschulung Bewegungsangebote in der Kindertagesstätte. Neben der Teilnahme an organisierten Sportangeboten spielt auch die Einstellung der Familie zum Sport eine bedeutende Rolle. Schulanfänger, deren Eltern von der positiven Wirkung körperlicher Aktivität auf die Entwicklung ihrer Kinder überzeugt sind, bewiesen besseres motorisches Können als diejenigen, deren Eltern Sport und Bewegung eine geringere Bedeutung in der Kindheit zuwiesen. Die Beurteilung der motorischen Leistungsfähigkeit unter Berücksichtigung der sozialen Rahmenbedingungen zeigte weiterhin, dass Kinder aus schwächeren sozialen Verhältnissen im Vergleich zu Gleichaltrigen in einer besseren finanziellen Situation über eine geringere Gesamtleistungsfähigkeit verfügten.

Darüber hinaus ist die Entwicklung der Motorik entscheidend mit der Entwicklung geistiger und sprachlicher Fähigkeiten der Kinder in der Phase ihrer Einschulung verknüpft. Heranwachsende, die zur Schuleingangsuntersuchung beispielsweise Sprachauffälligkeiten zeigten, verfügten im Rahmen der motorischen Tests in der ersten Klasse über schlechter ausgebildete körperliche Fähigkeiten, als jene ohne sprachliche Schwierigkeiten. Ebenfalls standen Schulanfänger, die pädagogische Förderungen erhielten, denjenigen, die keinerlei Unterstützung bedurften, in ihren motorischen Kompetenzen nach.

Detaillierte Ergebnisse der KOMPASS-Untersuchungen 2010 werden für Eltern, Lehrer, Schulleiter und Interessierte auf der "Public Health Konferenz - Gesunde Stadt" in Chemnitz am 29. September 2011 an der TU präsentiert. Die Konferenz greift die Themen Gesundheit und Gesundheitsförderung von Kindern und Jugendlichen bis hin zur Aufrechterhaltung der Vitalität und Aktivität bis ins hohe Lebensalter auf. Ziel der Veranstaltung ist es, neue Handlungsoptionen für die Verbesserung der Gesundheit von Bürgern in der gesamten Lebensspanne zu entwickeln. Das Projekt KOMPASS leistet in diesem Zusammenhang einen wichtigen Beitrag zum gesunden Aufwachsen der Chemnitzer Kinder. Aus diesem Grund sind alle Eltern sowie Akteure und Interessierte aus pädagogischen Tätigkeitsfeldern herzlich eingeladen, an den KOMPASS Präsentationen ohne Anmeldung und Kostenbeitrag teilzunehmen.

Weitere Informationen erteilt Janine Oelze, Telefon 0371 531-39263, E-Mail janine.oelze@hsw.tu-chemnitz.de.

Informationen zur Konferenz gibt es unter: http://www.tu-chemnitz.de/hsw/sportwissenschaft/PHK2011

(Autorin: Janine Oelze)

Katharina Thehos
13.09.2011

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