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Botschafterin von Georgien empfing Chemnitzer Delegation

Studenten, die im März an der UN-Simulation 2005 in New York teilnehmen, holten sich in Berlin Tipps fürs Planspiel

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Die Botschafterin von Georgien, Dr. Maja Pandshikidse (Mitte), begrüßte die Chemnitzer Delegation. Foto: Susanne Kailitz

Eine zwölfköpfige Studenten-Delegation der TU Chemnitz vertritt vom 22. bis 26. März 2005 in New York bei der National Model United Nations-Konferenz, der weltweit größten Simulation der Vereinten Nationen, die Interessen von Georgien. Drei Tage sind für die Arbeit in den verschiedenen Kommissionen geplant. Danach nehmen alle Delegierten an der Debatte in der Generalversammlung teil, die wirklichkeitsgetreu im UN-Hauptquartier stattfindet. Bereits im zweiten Jahr hintereinander schickt die TU Chemnitz ein Team in die USA. Die Chemnitzer Studenten beschäftigen sich derzeit unter Leitung von Privatdozent Dr. Wolfram Hilz von der Professur Internationale Politik intensiv mit Georgiens Charakteristika.

Informationen aus erster Hand sind ganz besonders gefragt. Deshalb besuchte die Chemnitzer Delegation im Januar auch die georgische Botschaft in Berlin sowie das Auswärtige Amt. Eine Stunde lang stellten sich die Botschafterin von Georgien, Dr. Maja Pandshikidse, und der Gesandte Dr. David Jalagania den Fragen der Chemnitzer. Sie erläuterten Details zur Innen- und Außenpolitik, aber auch zur Lebensweise und Mentalität der Georgier, die die Studenten nur schwer recherchieren konnten. So überraschte Dr. Pandshikidze mit der Feststellung, dass die Bewohner einiger Regionen Georgiens noch „wie im Mittelalter“ leben würden, obwohl die Hauptstadt Tiflis durchaus an westliche Lebensstandards heranreiche. In Tiflis wohnen 2,5 der 4,5 Millionen Einwohner des Landes. Georgien sei zur Verbesserung der Situation auf die Hilfe von außen angewiesen. Unterstützung käme vor allem aus Deutschland und den USA, zu denen Georgien enge Beziehungen pflege. „Deutschland unterstützt uns in der beruflichen Ausbildung, die USA in der Ausbildung unserer Sicherheitskräfte“, so Dr. Pandshikidse. Auch an guten Beziehungen zu Russland sei Georgien interessiert, aber das sei „im Moment sehr kompliziert.“ Russland unterstütze die Abspaltungswünsche der Abchasen, der Bewohner der nordwest-georgischen Provinz Abchasien, indem es Renten an die Bewohner auszahlt, russische Pässe ausgibt und den Rubel in Umlauf bringt. Die bisherigen Vermittlungsversuche der UNO hätten keine „praktische Relevanz“ gehabt, so die Botschafterin. Über die Frage einer Studentin, welche Rolle die Diskussion um das Klonen in Georgien spielt, muss Dr. Pandshikidze schmunzeln: „Die Bevölkerung hat momentan andere Probleme – die Leute sind einfach noch nicht bereit, eine Meinung über derartige Themen zu haben. Solche Diskussionen werden als Luxus empfunden. “ Ähnliches gelte für das Thema Aids. „Die Grippe ist ein größeres Thema.“ Insgesamt zeigte sich die Botschafterin begeistert vom Interesse der Chemnitzer Studenten, die die georgische Position in der UNO simulieren werden: „Ich finde es toll, dass junge Leute die gleiche Erfahrung sammeln können, die die UNO anderen bietet und ich hoffe, dass sie frischen Wind in die UNO bringen können. Ich wünsche der Gruppe, dass sie diese Aufgabe erfolgreich bewältigen wird.“

Mit der Gewissheit, die georgische Selbstsicht ein großes Stück besser verstanden zu haben, verabschiedeten sich die Chemnitzer und eilten zum Auswärtigen Amt. Drei Mitarbeiter hatten sich auf den Besuch der Chemnitzer vorbereitet. Sie erläuterten innerstaatliche Probleme und die internationale Rolle Georgiens aus deutscher Sicht. Christoph Retzlaff vom Referat Südkaukasus lobte das rigorose Vorgehen der neuen georgischen Regierung unter Sakaaschwili gegen Korruption, kritisierte aber, dass dabei oftmals Menschenrechte verletzt würden. Für die Zuspitzung des Streites mit dem Nachbar Russland machte er den georgischen „Hang zum Nationalismus“ verantwortlich. „Zu großes Selbstbewusstsein gegenüber Russland schürt die Gefahr bewaffneter Konflikte“, so Retzlaff. Dennoch schätze Deutschland Georgien als „starken Partner im Südkaukasus“, einer strategisch wichtigen Region im sogenannten „islamischen Gürtel“, die zudem auch wichtiger Energietransitraum sei, versicherte der Georgien-Experte.

Nach drei Stunden im Auswärtigen Amt fühlten sich die Chemnitzer Studenten mit georgischen Themen vertraut. Romy Hillig: „Das haben Leute erklärt, die vollkommen in dem Thema drin stecken und auch einige Sachen in Zusammenhang gesetzt haben, die wir noch nicht kannten.“ Referent Mathias Licharz lobte das Engagement der Chemnitzer: „Ich finde sehr bemerkenswert, dass sie die Sicht der Botschafterin bekommen haben und bei uns einige Einblicke in die georgische Position und daher wünsch ich der Delegation alles Gute und einen erfolgreichen Auftritt bei NMUN.“

Head Delegate Romy Hillig trug am Ende der Exkursion die Gewissheit von Berlin zurück nach Chemnitz: „Ich kann mich wesentlich besser auf mein Thema vorbereiten. Jetzt weiß ich, wie sich die Georgier selbst sehen und kann dadurch beim Planspiel wesentlich sicherer auftreten.“ Eine Empfehlung bleibt ihr und den anderen Studenten dabei noch im Ohr – von der georgischen Botschafterin: „Besuchen Sie Georgien! Das ist immer gut, nicht nur für die Vorbereitung eines solchen Projektes, sondern auch so.“ Aber auch, wenn sie das in ihrem engen Zeitplan nicht unter bekommen sollten, sind die Studenten ihrem Ziel, das kleine kaukasische Land realistisch zu vertreten, wohl ein ganzes Stück näher gerückt.

Die zwölf Chemnitzer Studenten, die aus verschiedenen Studiengängen kommen, werden in den kommenden Wochen neben wichtigen inhaltlichen Vorarbeiten, auch versuchen, weitere finanzielle Mittel, welche für ein Vorhaben solcher Größenordnung notwendig sind, aufzutreiben. Als wesentlichen Förderer konnten sie bereits die Robert-Bosch-Stiftung gewinnen. Das Projekt wird darüber hinaus auch unterstützt vom Studentenwerk Chemnitz-Zwickau, vom Rotary Club Chemnitz und vom Fachschaftsrat der Philosophischen Fakultät der TU Chemnitz.

Stichwort: National Model United Nations

Die MUN (Model United Nations) finden in über 35 Ländern statt. Insgesamt nehmen mehr als 20.0000 Studenten aus aller Welt an den verschiedenen Simulationen teil. Die NMUN (National Model United Nations) in New York, dem Tagungsort der Vereinten Nationen, ist die größte und bekannteste dieser Simulationen. Hier werden auch 2005 etwa 3.000 Studenten versuchen, die 191 Mitgliedsstaaten und Nichtregierungsorganisationen der UNO möglichst wirklichkeitsgetreu zu vertreten. Dazu gehört es unter anderem Resolutionen zu verfassen, Berichte vorzulegen oder Verhandlungsstrategien zu entwerfen. Die UNO-Simulationen sollen dazu dienen, den Studenten mehr praktisches Verständnis für internationale Beziehungen und deren Zusammenhängen zu vermitteln.

Weitere Informationen erteilen Dr. Wolfram Hilz, Tel. (03 71) 5 31 - 40 93, E-Mail wolfram.hilz@phil.tu-chemnitz.de , sowie Romy Hillig, Tel. (03 71) 52 02 407, E-Mail romy.hillig@s2002.tu-chemnitz.de

(Autoren: Daniel Kämpfe und Mario Steinebach)

Mario Steinebach
28.01.2005

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