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Vom Pulver zum Bauteil

TU-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler präsentieren Exponate und Prozesskette des metallischen 3D-Druckverfahrens vom 25. bis 27. Juni 2019 auf der Messe Rapid.Tech in Erfurt

Man nehme metallische Pulverpartikel, gebe einen leistungsstarken Laser hinzu und fertige daraus ein hochfestes Bauteil. Salopp beschrieben, lautet so das Rezept für das Verfahren des metallischen 3D-Druckverfahrens „Selektives Laserschmelzen“ (englisch: Selective Laser Melting, kurz: SLM), mit dem sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung sowie des Bundesexzellenzclusters MERGE an der Technischen Universität Chemnitz beschäftigen. Dafür nutzen sie Titan-, Aluminium- und Stahllegierungen sowie hybride Materialverbunde. „Generell sind vor allem gut schweißbare Metalle in Pulverform für das SLM-Verfahren geeignet“, erklärt Frank Schubert, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung. Die Verarbeitung erfolgt unter Argon-Schutzgasatmosphäre in speziellen Anlagen. So entstehen Komponenten für den Einsatz in Luft-und Raumfahrt, Medizintechnik wie beispielsweise Hüftimplantate, Bearbeitungswerkzeuge wie Fräser, Prototypen für Maschinen und Funktionsbauteile wie zum Beispiel Hydraulikkomponenten. Sie sind durch die besondere Herstellungsweise von einer hohen Festigkeit gekennzeichnet, wodurch sie es qualitativ mit konventionell gefertigten Komponenten ohne weiteres aufnehmen können.

Das SLM-Verfahren bietet gegenüber herkömmlichen Schweiß- oder Fräsverfahren den Vorteil, dass komplexe Bauteil-Geometrien, mitunter auch inklusive beweglicher Elemente wie Gelenke, innerhalb eines Prozesses und ganz ohne produktspezifischen, teuren Werkzeugeinsatz entstehen. Schubert beschreibt: „In konventionellen Verfahren wurden bislang Hohlräume aus dem Vollmetall aufwendig ausgefräst, bewegliche Komponenten mussten separat hergestellt und nachträglich angefügt werden, die Endbearbeitung war stets sehr aufwendig. Beim metallischen Laserschmelzen können wir nun direkt im Prozess Hohlräume erzeugen und mit großer Variantenvielfalt unmittelbar einsatzfähige Bauteile fertigen.“ Zwar werde der metallische 3D-Druck herkömmliche Methoden nicht ablösen, aber er bereichere die Palette der Fertigungsverfahren dank seiner hohen Freiheitsgrade und Materialeffizienz, so die Einschätzung des Ingenieurs.

So viel wie nötig, so wenig wie möglich

„Wir sind in der Lage, in unseren Forschungshallen Prototypen, Prüfkörper und Bauteile bis etwa 25 Zentimeter Breite und Höhe zu fertigen. Je nach Struktur und Anforderung arbeiten die Maschinen dafür von wenigen Stunden bis hin zu mehreren Tagen. Doch die eigentliche Arbeit setzt schon viel früher an, denn wir entwickeln im Vorfeld optimale Verfahrensparameter um ein Höchstmaß an Materialqualität und Prozessstabilität zu gewährleisten. Darüber hinaus setzen wir für die Entwicklung von Bauteilen Topologie-Optimierungsverfahren ein“, so Schubert. Ziel sei es dabei, die Masse des späteren Bauteils zu reduzieren und zwar so, dass sie für den Anwendungsfall ausreicht, jedoch das Material nur an den Stellen in entsprechender Menge aufgebracht wird, wo es von Nöten ist. Dadurch gehen die Forscherinnen und Forscher besonders ressourceneffizient vor – ein wichtiger Aspekt für das Anwendungsfeld des Leichtbaus.

Um ein frühzeitiges Bauteilversagen auszuschließen, prüfen sie jedoch genau, wieviel und in welcher Zusammensetzung das Metallpulver eingesetzt wird. „Die Frage, die wir uns immer stellen müssen, lautet: Wie erreichen wir eine möglichst hohe Materialdichte, also poren- und lunkerfreie Bauteile“, beschreibt Kerstin Winkler, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung, den Entwicklungsprozess. „Zusätzlich besteht unsere Aufgabe darin, ressourceneffiziente und wirtschaftliche Designlösungen für den jeweiligen Anwendungsfall zu erarbeiten. Nur so wird es gelingen, die recht kostenintensive 3D-Druck-Technologie zur breiten Anwendung zu bringen“, so die Forscherin weiter.

Schicht für Schicht zum Leichtgewicht

Während des Prozesses trägt eine Beschichtungseinheit dünne Pulverlagen auf eine Plattform in der Maschine auf. Danach verschmilzt der Laser die Metallpartikel. Anschließend erfolgt ein neuer Materialauftrag. So entstehen zunächst Schicht für Schicht einige Millimeter hohe Stützstrukturen zwischen der Plattform und dem eigentlichen Formteil. Diese sind notwendig, um das Bauteil fest zu verankern, Prozesswärme abzuführen und Eigenspannungen aufzunehmen, wodurch ein möglicher Verzug des Bauteils reduziert wird. Die Strukturen können, je nach Belastungserfordernis, massiv oder offen gestaltet werden. Auf den Stützstrukturen entsteht schließlich aus zahlreichen verschweißten Metallpulverschichten das eigentliche Bauteil.

Ist das Bauteil gefertigt, wird es zunächst von überschüssigem Pulvermaterial befreit und von der Plattform getrennt. Schließlich werden die Stützstrukturen wieder entfernt. Das nicht benötigte Pulver wird zu mehr als 90 Prozent wiederverwendet, lediglich das sogenannte Überkorn, also Schweißspritzer, müssen durch Heraussieben entfernt werden. „Dieser Aspekt trägt entscheidend zur Ressourceneffizienz des Verfahrens bei“, schätzt Winkler ein. „Die gefertigten Bauteile werden anschließend unterschiedlichen Nacharbeitsschritten unterzogen. Darunter fallen je nach Einsatzszenario beispielsweise Wärme- und Oberflächenbehandlungen sowie kleinere zerspanende Arbeiten“, so die Forscherin. In künftigen Untersuchungen wollen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die Reduktion der Stützstrukturen, den Halt des Bauteils und dessen Oberflächenbeschaffenheit fokussieren.

Die SLM-Prozesskette vom Pulver zum Prüfwürfel über den Baujob bis hin zur fertigen Komponente stellen die Chemnitzer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anhand ausgewählter, topologie-optimierter Exponate vom 25. bis 27. Juni 2019 auf dem Gemeinschaftsstand „Forschung für die Zukunft“ (Halle 2, Stand 401) zur Rapid.Tech, Fachmesse und Anwendertagung für additive Fertigungsverfahren, in Erfurt vor.

Weitere Informationen erteilen Frank Schubert, Telefon 0371 531-38799, E-Mail frschu@hrz.tu-chemnitz.de, und Kerstin Winkler, Telefon 0371 531-34067, E-Mail kerstin.winkler@mb.tu-chemnitz.de.

(Autorin: Diana Schreiterer)

Mario Steinebach
11.06.2019

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