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Bio-Verbundstoffe auf Holz-Basis

Forscherinnen und Forscher des Exzellenzclusters MERGE gehen vom dekorativen Einsatz des Naturstoffs Holz hin zur praktischen Anwendung in Automobilen und präsentieren ihre Ergebnisse vom 27. bis 31. Mai 2019 auf der LIGNA in Hannover

Holz eignet sich aufgrund seiner geringen Dichte besonders gut für den Leichtbau, beispielsweise im Automobilsektor. Dort kam Holz aber bisher hauptsächlich als dekoratives Beschichtungsmaterial zum Einsatz, weniger in der Konstruktion. Das soll sich jetzt ändern. So haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Exzellenzclusters MERGE der Technischen Universität Chemnitz in ihren Untersuchungen zur Zugsteifigkeit des Materials zeigen können, dass Holz auch als natürliches Verstärkungsmaterial für faserverstärkte Kunststoffe geeignet ist. Prof. Dr. André Wagenführ, MERGE-Forscher und Inhaber der Professor für Holztechnik und Faserwerkstofftechnik an der Technischen Universität Dresden, sieht in dem Naturstoff zahlreiche Vorteile: „Für Holz-Kunststoff-Verbunde bestehen viele praktische Anwendungsmöglichkeiten, beispielsweise im Automobil-Bereich, hier unter anderem für den Einsatz in der Mittelkonsole. Darüber hinaus sind sie kostengünstig und weisen neben guten Materialeigenschaften wie Festigkeit und Steifigkeit auch eine hohe Recyclingfähigkeit auf.“ Die Forscherinnen und Forscher um Wagenführ sind insbesondere auf dem Gebiet der Werkstoffentwicklung und -verarbeitung aus Holz sowie anderen Naturfasern tätig. Vom 27. bis 31. Mai 2019 präsentieren sie ihre Ergebnisse zur LIGNA, der Weltleitmesse für Werkzeuge, Maschinen und Anlagen zur Holzbe- und -verarbeitung in Hannover (Halle 11, Stand F77).

Symbiose aus Holz und Kunststoff bildet biobasierte Verbundstoffe

Die MERGE-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler zielen darauf ab, durch den Einsatz von Holzfasern neue, vollständig biobasierte Verbundwerkstoffe zu entwickeln, die in hybriden Leichtbaustrukturen zum Einsatz kommen können. Dazu setzen sie auf eine Kombination aus biobasierten thermoplastischen Kunststoffen und Faserverstärkungen auf Basis von Furnieren, die einen optimierten biologischen Faserverbund darstellen.

In einer speziellen Prozesskette, die auf der Verarbeitung thermoplastischer Kunststoffe beruht, wird das Holzfurnier bei 80 Grad Celsius vorgetrocknet, mit geschmolzenem Kunststoff imprägniert und unter Druck bei Raumtemperatur abgekühlt bis es erstarrt. Die Besonderheit dieses so genannten Furnier-Prepregs: Der Kunststoff bildet eine Schicht in den äußeren Poren des Furniers, im Inneren des Furniers bleibt der Vorteil der geringen Dichte des Holzes sogar im Verbund erhalten. Durch erneutes Erwärmen kann das Furnier-Prepreg anschließend umgeformt werden. Carolin Siegel, MERGE-Mitarbeiterin, ergänzt einen weiteren wichtigen Vorteil, den die Furnier-Prepregs mit sich bringen: „Durch die Verwendung der Naturstoffe werden wir unabhängiger von fossilen Rohstoffen. Dadurch ist es möglich, grüne, moderne und vor allem nachhaltige Leichtbauprodukte zu entwickeln.“

Innovationspotential im Automobilsektor

Praktische Anwendung finden die Furnier-Prepregs bereits im „MERGE up!“, dem Chemnitzer Systemdemonstrator, der in Form eines elektrisch angetriebenen Fahrzeugs zahlreiche Beispiele der MERGE-Forschungsfelder bündelt. Die Furniere fungieren darin zum einen als Abdeckung eines funktionalen Eingabesystems in einer Pkw-Mittelkonsole, zum anderen als Seitentür-Exterieurbauteil. Letzteres wurde durch die Umformung eines gepressten Furnier-Prepregs gefertigt.

Die Weiterverarbeitung der Holz-Kunststoff-Verbunde ist auch mit anderen großserientauglichen Basisverfahren aus dem Bereich der Kunststoffverarbeitung möglich. Um das Furnier-Prepreg als Faserverstärkung in Leichtbauanwendungen einzusetzen, haben die Forscherinnen und Forscher es beispielsweise in das Werkzeug einer Spritzgießmaschine eingelegt und mit einer 150 Grad Celsius heißen Kunststoffschmelze „hinterspritzt“. Für das Heißpressen stapelten sie die Furnier-Prepregs in mehreren Schichten gezielt aufeinander und pressten sie zu einem Mehrschichtverbund zusammen. Die Vorteile dieser Methode sind der flexible Schichtaufbau und die kurzen Verarbeitungszeiten. Je nach Orientierung der Prepreg-Lagen resultiert daraus entweder ein biegeweicher oder steifer Kernwerkstoff – ganz nach Anwendungsbedarf. Dadurch eröffnet sich ein breites Anwendungsfeld für das neu geschaffene Leichtbaumaterial.

Weitere Informationen erteilen Prof. Dr. André Wagenführ, Exzellenzcluster MERGE und Institut für Naturstofftechnik der TU Dresden, Tel. +49(0)351/463-38100, E-Mail andre.wagenfuehr@tu-dresden.de und Carolin Siegel, Wissenschaftliche Mitarbeitern, Tel. +49(0)351/463-38104, E-Mail carolin.siegel@tu-dresden.de

(Autorinnen: Julia Grunwald und Diana Schreiterer)

 

Veröffentlichungen:

Ouali, A.-A.; Rinberg, R.; Nendel, W.; Kroll, L.; Siegel, C.; Buchelt, B.; Wagenführ, A.; Trommler, K.; Schreiter, K.; John, R.; Spange, S.: Natural unidirectional sheet processes for fibre reinforced bioplastics. AIP Conference Proceedings 1914, Lyon, 2017, S. 060005. 1-5. DOI: 10.1063/1.5016725

John, Rico; Schreiter, Katja; Trommler, Katja; Siegel, Carolin; Wagenführ, André; Spange, Stefan: Maleic anhydride copolymers as adhesion-promoting reagent in wood veneer/biopolyethlyene composite materials. Polymer Composites 2018. DOI: 10.1002/pc.24974

John, R.; Trommler, K.; Schreiter, K.; Siegel, C.; Simon, F.; Wagenführ, A.; Spange, S.:
Aqueous Poly(N-Vinylformamide-co-Vinylamine) as a Suitable Adhesion Promoter for Wood Veneer/Biopolyethylene Composite Materials. Bioresources 2017, Nr. 12, S. 8134-8159. DOI: 10.15376/biores.12.4.8134-8159

Matthias Fejes
22.05.2019

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