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Wo Leichtbau und Kulturhauptstadt zusammenkommen

Chemnitzer Oberbürgermeister Sven Schulze informierte sich am MERGE Research Centre „Lightweight Technologies“ der TU Chemnitz über Forschungsaktivitäten und daraus abgeleitete Impulse für die Kulturhauptstadt Europas 2025

Der Chemnitzer Oberbürgermeister Sven Schulze hat am 16. September 2022 die Zentrale Einrichtung MERGE und die Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung (SLK) der Technischen Universität Chemnitz besucht und sich über aktuelle Forschungsaktivitäten zum Thema Leichtbau sowie zukunftsweisende Ideen für die Chemnitzer Kulturhauptstadtaktivitäten im Jahr 2025 informiert.

Leichtbauexpertise für die Luftfahrt und den Automobilbau

Prof. Dr. Lothar Kroll, Koordinator des Forschungsclusters MERGE und Inhaber der Professur SLK, gab einen Überblick über die Forschung seines Teams und erläuterte eingehend, in welchen Produkten Chemnitzer Leichtbauexpertise zu finden ist: „Unsere einzigartige interaktive Wabenbrücke aus glasfaserverstärktem Kunststoff in der City kennt vielleicht der ein oder andere Chemnitzer. Dass Chemnitzer Technik auch im A380 mitfliegt und im Landrover Discovery mitfährt, wissen die wenigsten.“ Leichter, effizienter, umweltschonender und zugleich kostengünstiger: diese Attribute zeichnen sowohl den 3D-gedruckten Hochdruckventilblock im Airbus, als auch die Durchlade für Skier oder andere sperrige Gegenstände in der Rücksitzbank des SUV aus. Letztere ist aus umgeformten glasfaserverstärkten thermoplastischen Halbzeugen kombiniert mit Spritzgießkomponenten in-situ gefertigt. „Das sind nur zwei Anwendungen von vielen, mit denen wir einen Beitrag zur Ressourcenschonung leisten, denn mit jedem Kilogramm, das im Flugzeug oder Auto eingespart werden kann, verringert sich der Kraftstoffbedarf und somit auch der CO2-Ausstoß,“ erklärt Kroll.

Recyclefähiges Vollkunststoff-Bike als Flottenfahrzeug

Der stellvertretende Leiter der Professur SLK, Prof. Dr. Wolfgang Nendel, berichtete über ein weiteres Projekt auf dem Gebiet der Mobilität und erläuterte dem Oberbürgermeister das Konzept des sogenannten Smart Pedal Vehicle (SPV). Das innovative recyclefähige Vollkunststoff-Bike entstand im Auftrag des in München ansässigen Unternehmens MOCCI in Kooperation mit sächsischen Unternehmen. Alle Teile des Bikes wurden von den hiesigen Leichtbauexperten berechnet, simuliert und ausgelegt. Auch der Einstieg in die Serie erfolgte mit Unterstützung der Chemnitzer. Das Funktionsprinzip ist einfach: Die Pedale des Bikes treiben einen Generator an, der die Energie für den Elektromotor im Hinterrad erzeugt – ganz ohne Kette oder Riemen. Zusätzliche Performance erhält das Bike mithilfe einer austauschbaren und leistungsstarken Batterie. Die Kombination aus weniger Bauteilen und der Einsparung der mechanischen Kraftübertragung sorgt für ein sicheres und wartungsarmes System. Die Herstellung zahlreicher Komponenten im Spritzgießverfahren, trägt zudem erheblich zur Kostenreduktion bei. Das Bike eignet sich als Flottenfahrzeug für viele verschiedene Branchen, zum Beispiel kann es für den nachhaltigen Transport von Gütern und als Campus- oder Fuhrparkfahrzeug eingesetzt werden. Auch im Rahmen der Kulturhauptstadt Europas 2025 wird ein außenwirksamer Einsatz des MOCCI Bikes in Chemnitz angestrebt.

Zukunftsvision Vertiport

Einen weiteren Einblick in die Vielfalt der Zukunftsthemen, die bei MERGE und an der Professur SLK Beachtung finden, erhielt Sven Schulze durch den Wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. Mario Naumann, der ein Pilotprojekt für ein komplett autark operierendes Zentrum vorstellte. Neben der eigenen Energieversorgung ist es zusätzlich in der Lage, wasserstoffbetriebene Cargo-Drohnen, bemannten Drohnen und elektrisch betriebene Fahrzeuge mit grünem Wasserstoff aus eigener Herstellung zu versorgen. Dieser sogenannte Vertiport, der die entsprechende Start-, Lande- und Ladeinfrastruktur für die Drohnen bereitstellt, lässt sich beispielsweise in der Patientenversorgung für den Transport von Blutkonserven, Gewebeproben und Organen, in der Landwirtschaft für die gezielte Düngung und Schädlingsbekämpfung, in der Forstwirtschaft zum Brandschutz, zur Verkehrsüberwachung und -steuerung, zum Transport von Lebensmitteln sowie zur Gebäudeüberwachung und -inspektion einsetzen. Das Netzwerk 3D – Aero e. V. möchte gemeinsam mit der TU Chemnitz bis 2025 einen Vertiport in Chemnitz errichten und mit diesem Projekt sein Engagement in der Stadt und im Umland sehr zügig ausbauen.

Leichtbau im Bauwesen mit Potenzial

Prof. Dr. Sandra Gelbrich, Leiterin des Forschungsbereichs Leichtbau im Bauwesen, informierte den Oberbürgermeister über die Aktivitäten ihrer Forschergruppe und lieferte gleich mehrere Ideen und Impulse zur Mitgestaltung des Kulturhauptstadtjahres 2025. Auf Basis von erfolgreich durchgeführten Referenzprojekten zeigte die Professorin, welches architektonische Potential in der Anwendung glasfaserverstärkter Kunststoffe (GFK) liegt. So waren die Forscherinnen und Forscher neben der oben erwähnten Wabenbrücke auch am modernsten Gebäude der TU Chemnitz, dem Projekthaus „MeTeOr“, mit seiner organisch geformten Fassade aus GFK, und am „Walbrook“-Gebäude mit GFK-Lamellenfassade in London beteiligt. Gelbrich stellte außerdem ein multifunktionales Bio-Fassadensystem vor, das auf nachwachsenden Rohstoffen basiert. Integriert sind Lichtelemente, die die Fassade zum bespielbaren Monitor machen und damit zahlreiche Möglichkeiten für „Chemnitz 2025“ bieten. Auch der an der TU Chemnitz entwickelte Carbon-Beton, der mit Textilien statt Stahl verstärkt ist, kann z. B. in Form von Event-Pavillons, Funktionsmöbeln oder interaktiven Funktionselementen im Jahr 2025 eine Bühne finden.

Bei dem abschließenden Rundgang durch das MERGE Technology Centre erhielt Sven Schulze einen Überblick über aktuelle Forschungsarbeiten des Teams um Prof. Kroll und über die Pläne für den weiteren Ausbau des Centers. So sollen hier nach Abschluss aller Baumaßnahmen fast 7.300 m2 für die Leichtbauforschung zur Verfügung stehen. Sven Schulze freute sich über die Einladung an die Universität und betonte deren Relevanz für den Wirtschaftsstandort Chemnitz: „Forschung und Entwicklung sind zentral für unsere Stadt und Region. Hier bei MERGE und am SLK sieht man, wie es vorangeht: mit einer lebendigen Community aus fast 200 Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, die sich mit großer Energie den wichtigen Zukunftsthemen widmen und viele kreativen Ideen für die Mitgestaltung unseres Kulturhauptstadtprojektes haben. Die gilt es nun ins Scheinwerferlicht zu rücken.“

Weitere Informationen erteilt Prof. Dr. Lothar Kroll, Koordinator des Forschungsclusters MERGE, Inhaber der Professur Strukturleichtbau und Kunststofftechnik, Telefon 0371 531-13910, E-Mail slk@mb.tu-chemnitz.de

(Autorin: Sylvia Decker)

Mario Steinebach
22.09.2022

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