Dieser Text ist ein kurzer Reisebericht der Familie Richter, der von mir (M.E.) geringfügig ergänzt wurde:

Wir wurden vom "Seto Messiah Chorus", einem engagierten Amateurchor nach Japan eingeladen, um im Rahmen der Expo gemeinsam den Messias von Händel aufzuführen. So kam es, dass wir (Mitglieder des Collegium musicum und des Motettenchores der TU) uns Ende März eine reichliche Woche in Nippon aufhalten durften.

Also, es ist ganz toll im Land der aufgehenden Sonne! Wir waren genau zur passenden Zeit, nämlich zur Kirschblüte dort, wo man üblicherweise bei warmem Wetter unter dem Kirschbaum sitzt und Sake (Reiswein) schlürft. Leider hatte ein Wettergott sich im Kalender vertan und dauernd Regen und  Schneeschauer nach Japan geschickt. Die Kirschblüten fanden es dann in ihren Knospen doch gemütlicher - schade.

Egal. Es war trotzdem schön. Mit Kälte können wir ja umgehen. Allerdings sind uns Wohnungen ohne Heizung nicht so vertraut. Die Japaner bauen ihre Häuser traditionell für den langen feuchtheißen Sommer. Die Winter werden einfach mit Härte überstanden. Und mit Hilfe des japanischen Bades! Jedes Dorf, jeder Stadtteil, jede Herberge hat so ein Bad. Es ist immer doppelt vorhanden, also für Frauen und Männer getrennt. Man findet am Eingang ein Regal zum Ablegen der Kleidung. Dann betritt man nicht sofort die große Wanne, sondern wäscht sich daneben sehr gründlich von oben bis unten. Dazu findet man Hocker, Wasserhähne, Schüsseln und Seife. Sich waschen machen die Japaner ohnehin gern. Wenn man dann richtig sauber ist, steigt man zu den übrigen in das 42 Grad warme Wasser. Nach einer Stunde ist man derart aufgeheizt, dass man auch im kalten Zimmer wie ein Murmeltier schläft. Die kirchliche Herberge Ena, in der wir die ersten 4 Nächte verbrachten, verfügte über so ein Bad. Leider war eine Hälfte davon kaputt. Die Damen haben das einzige Bad am ersten Abend okkupiert. Aber schon ab dem zweiten Tag ging jede(r) baden wann sie/er wollte, und niemand (zumindest unter den Badenden) störte sich mehr daran.

Viele japanische Verhaltensweisen kommen einem am zweiten Tag schon fast normal vor. Nach einer Woche findet man viele davon logischer und besser als bei uns. O.K., der Verzicht auf Stühle sei hier mal ausgenommen. Aber die Stühle haben sich dort immerhin stattlich vermehrt innerhalb der letzten Jahre. Wirklich gut kann man sich an die Begrüßung durch Verbeugen gewöhnen. Japaner geben Westlern nur die Hand, weil sie wissen, dass dies bei uns üblich ist. Wenn man aber eine deutliche Verbeugung (mindestens 15 Grad unter Gleichgestellten) macht, dann wird das freundlich erwidert. Nicht schlecht, diese Sitte. Ich will schließlich nicht jedem zeigen, dass ich kalte Hände habe. Und man kann seinen Respekt angemessen zum Ausdruck bringen.

Seto, nahe der zweitgrößten Stadt Nagoya gelegen, ist der Ort, in dem die Expo stattfindet. Man liest hierzulande immer Aichi. Das ist die Präfektur, also quasi der Regierungsbezirk. Seto ist ein Zentrum der Keramikherstellung. Wir haben auch eine kleine Manufaktur besucht. Vor uns betrat die Übersetzerin (eine Deutsche) das Firmengelände und machte vor einem unscheinbaren Herrn plötzlich zwei 90Grad-Verbeugungen. Anschließend erfuhren wir, dass es sich um den Direktor handelte. Besondere Attraktion der Firma war ein Kaskaden-Brennofen in Form eines Drachens, der nur einmal im Jahr, nämlich im März, befeuert wird.

Kultur bekamen wir auch geboten. Im Konzerthaus sahen wir eine Kabuki-Aufführung. Dies ist eine 400 Jahre alte Form des klassischen Theaters, kombiniert mit Gesang und Tanz. Alle Rollen werden von Männern gespielt. Die prächtigen Bühnenbilder und die enorme Körperbeherrschung der Darsteller sind schon beeindruckend. Allerdings ergeben sich aus der einförmigen musikalischen Begleitung und der Unverständlichkeit des Textes doch einige Längen. Dazu kam die Kürze der vergangenen Nächte und vor allem, dass der Saal, in dem wir saßen, total überheizt war. Da ist doch etlichen von uns der Kopf schwer geworden. Dumm war nur, dass zwischen uns einige unserer japanischen Gastgeber saßen.

Richtig gemütlich wurde es dann während der 2 Tage homestay in japanischen Gastfamilien. Da wurde Essen aufgefahren, daß sich die niedrigen Tische bogen. Es sieht optisch alles sehr gut aus. Und der Geschmack der vielen kleinen Sachen liegt zwischen super und 'interessant'. Man ißt natürlich mit Stäbchen. Und es gibt keine vorgeschriebene Reihenfolge, außer dass am Schluß Reis und grüner Tee serviert werden. Albrecht und Conny waren bei einer sehr netten Familie mit einem 2jährigen Mädchen untergebracht. Die Kleine ließ am Abend 5 panierte Garnelen verschwinden, so schnell konnte man gar nicht gucken.

Wir konnten einen kleinen Eindruck von den Gewohnheiten japanischen Lebens bekommen. Das Leben wird auf minimaler Fläche praktisch optimiert. Es steht Haus an Haus. Betten sind i.allg. Schlafmatten (Tatami), die tags auf dem Boden liegen und nachts in einem Wandschrank verschwinden, damit ist das Schlafzimmer auch als weiterer Raum nutzbar. In fast allen Räumen wird der vorhande Platz maximal ausgenutzt mit Wandschränken, Regalen, Bücherboards u.a. Übrigens ist auch das japanische Badezimmer in Wohnhäusern ein kleines japanisches Bad. Die Badewanne, die mit einer isolierenden Abdeckung versehen ist, bleibt immer gefüllt mit 42 Grad warmem Wasser. Geduscht wird vor der Wanne.

Ulli und Matthias wurden sehr gut bewirtet mit dem üblichen japanischen Mehrgängemenü bestehend aus einer Vorsuppe (hier klare Suppe mit Bambussprossen), einem Salatteller aus Kraut und verschiedenen Blattsalaten, dann verschiedenen Hauptspeisen (gebratene Nudeln und Gulaschauflauf) und eine Nachspeise (hier Kompott aus verschiedenen Früchten). Leider war der Hausherr, ein Chirurg, selbst gerade im Krankenhaus, dafür hat die Leiterin der Herberge von Ena an beiden Tagen mit im Hause übernachtet und natürlich am Familienleben teilgenommen.

 Am Sonntag, dem 27. März wurde das Konzert mit 100 Leuten Chor und einem kleinen Orchester gegeben, verstärkt durch ein paar japanische Profis. Besonders auffallend war eine zierliche Japanerin, die gekonnt Kontrabaß spielte. Anschließend als Krönung des Abends fand man sich zum Bankett wieder. Zuerst wurden Dankesreden gehalten von Bürgermeister, dem stellvertretenden General-Konsul der deutschen Botschaft, dem japanischen Chorleiter, Herrn Krone, Gesangs-Solisten. Alle warteten schon auf die Eröffnung des Bufetts, denn da wurde kräftig aufgefahren, was das Meer und die japanische Küche zu bieten haben.

Am Ende wurden spontane Darbietungen vom Zaun gebrochen. Der Tenor-Solist und Leiter des Messias-Chores bot das bekannte Lied "Sakura" (über die jap. Kirschblüte). Der Motettenchor sang einige Lieder, aber auch das Collmus hatte noch was auf Lager, wovon aber nur 4 Mitglieder etwas wußten. Diese betraten als Streichquartett das Podium. Es hatte ein paar Ohrwürmer zusammengesucht und als musikalische Mini-Weltreise verkauft (die Habanera aus Carmen, eine österreichische Schrammelmusik, Der Mond ist aufgegangen, ... , Sakura). Den begleitenden Text hat vor der Reise Yoshiko, eine ehemalige Cellistin des Orchesters, ins Japanische übersetzt und auf Band gesprochen. So konnte Albrecht den Text besser auswendig lernen. Nach den ersten 3 Worten auf Japanisch gab es erst mal ein Hallo im Saal. Die Mühe hatte sich also gelohnt und zum 'Ausmarsch' bildeten die Japaner einen Tunnel aus vielen Armen. Allerdings mußte man quasi hindurchkriechen, denn die Japaner sind bekanntlich nicht so groß.

Wir waren auch zu einem japanischen Menü in einem Restaurant.
Davon sind auch ein paar Bilder auf der Bildseite zu sehen. Was es so gab: