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Professur Medieninformatik
Forschung

Forschung

Das Forschungsprofil der Professur Medieninformatik umfasst folgende Schwerpunkte:

  • Mensch Computer Interaktion
  • Multimedia Information Retrieval
  • Mediendistribution

Ausgangsbasis: Das Fach und die Professuren Medieninformatik sind in Deutschland thematisch sehr unterschiedlich besetzt. Für die fachliche Ausrichtung an der TU Chemnitz dient als Ausgangsbasis zunächst einfach der Beschäftigungsgegenstand realistischer Medien ohne eine weitere Einschränkung: Bild, Bewegtbild, gesprochene Sprache, audiovisuelle Medien und natürlich das nach wie vor am weitesten verbreitete Medium Text.

Diesem Beschäftigungsgegenstand nähern wir uns von zwei Seiten: der technischen Seite und der Interaktionsseite. Diese Ausgangsbasis lässt sich auf verschiedenste Anwendungsfelder anwenden und erlaubt dadurch sehr unterschiedliche Untersuchungen.


Technische Seite: die technische Seite beschäftigt sich in erste Linie mit der Frage, wie aus verschiedenen Medien Informationen gewonnen und verwendet werden können. Hier haben wir zwei softwarebasierte Frameworks erstellt. Das Analyseframework AMOPA (Automated Moving Picture Annotator) ermöglicht die Analyse von beliebigen Medien, wie wir sie als Beschäftigungsgegenstand definiert haben. Hier kommen Bild- und Spracherkennungsverfahren zum Einsatz. Ziel ist es, auf eine möglichst automatisierte Weise Inhaltsbeschreibungen zu den Medien zu generieren.

Ein zweites Framework, Xtrieval (Extended Retrieval Framework), ist ein sehr flexibel anpassbares Information Retrievalsystem. Hintergrund ist die Erkenntnis, dass IR-Systeme mit unterschiedlichen Datenbeständen vollkommen unterschiedliche Retrievalgüten erzielen. Xtrieval lässt flexibel unterschiedliche Komponenten zu- und abschalten und justieren und ist so auf sehr verschiedene Korporatypen anwendbar.

Mit beiden Frameworks nehmen wir seit Jahren sehr erfolgreich an internationalen Evaluationskampagnen wie CLEF (Conference and Labs of the Evaluation Forum) teil. Um die hier nur knapp umrissene umfassende technische Herangehensweise überhaupt als Professur realisieren zu können, bilden die Grundlage für beide Frameworks nach Möglichkeit Open Source-Lösungen (z.B.: openCV, CMU Sphinx, Lucene), die wir nach Bedarf erweitern und optimieren.


Interaktionsseite: Auf der Interaktionsseite wird untersucht, wie Anwender bei der Verwendung von Medien auch jenseits rein technischer Aspekte unterstützt werden können. Auch hier steht die Frage der Informationsgewinnung, bzw. -vermittlung im Vordergrund. Der klassische Dreiklang der Gebrauchs­tauglichkeit laut ISO 9241-10 besteht in Effektivität, Effizienz und Nutzerzufriedenheit. Der ursprüngliche Fokus der Forschung im Bereich Mensch-Computer-Interaktion lag dabei sehr lange auf den Punkten Effizienz und Effektivität. Die Nutzerzufriedenheit rückte erst relativ spät in den Fokus, beispielsweise unter den Schlagwörtern User Experience UX oder Quality of Experience QoE. Hier arbeiten wir mit Herangehensweisen aus der Designforschung wie Produktsprache oder Design Thinking. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf partizipativem Design.


Anwendungsfelder: Die Medieninformatik zählt innerhalb der Fachstruktur der Informatik zur Angewandten Informatik. Entsprechend ist das Forschungsparadigma stark anwendungsorientiert ausgerichtet und nutzt konkrete Anwendungen für empirische Untersuchungen. Im Folgenden zeigen wir eine kleine exemplarische Auswahl von Anwendungen, die im Laufe der letzten Jahre an der Professur Medieninformatik realisiert wurden. Die Auswahl macht deutlich, dass durch die kombinierte Herangehensweise von technischer Seite und Interaktionsseite sehr unterschiedliche und sehr spannende Anwendungsfelder bearbeitet werden können.

Beispiel Archivierungsstraße: In den Projekten sachsMedia und validAX entstanden die Kernkomponenten der Frameworks AMOPA und Xtrieval. Eine Motivation der Projekte war die Frage, wie Archive kleiner Fernsehsender durch Digitalisierung und automatische Metadatengenerierung unterstützt werden können. Kleine Fernsehsender sind nach der Wiedervereinigung insbesondere im Ostdeutschen Raum entstanden. Ihr Material dokumentiert in besonderer Weise den Transformationsprozess der ostdeutschen Länder. Leider sind diese Sender aber finanziell nicht in der Lage eine dauerhafte und adäquate Lagerung ihrer Bestände durchzuführen. Hierfür wurde an der Professur Medieninformatik eine Archivierungsstraße aufgebaut, die Kassetten automatisch einspielt, digitalisiert, automatisch mit Metadaten der Bild- und Spracherkennung anreichert und bei der Eingabe manueller Beschreibungsdaten unterstützt. Das digitalisierte Material wird in unterschiedlichen Qualitätsstufen für die Archivierung auf LTO-Bändern oder der Weiterverwendung auf einer Videoplattform im Internet abgespeichert. Zurzeit werden die Jahrgänge 1992 – 1995 im Auftrag der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien SLM digitalisiert.

Beispiel Interaktiver Tabletop: Im Rahmen des DFG-Graduiertenkollegs Crossworlds wurde ein interaktiver, multitouch-fähiger Tabletop konstruiert. Diese auf den ersten Blick völlig andere Anwendung nutzt im Kern die gleiche Technik. So ist der Tische mit Kameras ausgestattet, die über die Bilderkennung des AMOPA-Frameworks die Nutzungssituation analysieren können. Der Tisch kann nun erkennen, ob, wie viele und von welcher Seite aus Personen an ihn herantreten und kann entsprechend reagieren. Zurzeit arbeiten wir an einer Alterserkennung, die es ermöglicht, bestimmte Altersgruppen gezielter anzusprechen. Der Tisch kann dadurch gegenüber Anwendern aktiv auftreten. Bei der Konzeption des Tisches kooperierten wir mit Kollegen der qualitativen Sozialforschung. Der Tisch fuhr im Sommer 2014 auf der MS Wissenschaft1 über vier Monate durch Deutschland und stand vergangenes Jahr im Industriemuseum Chemnitz2.

Beispiel E-Mobility: Im Projekt NeMoS werden im Rahmen der Schaufensterinitiative der Bundesregierungen Aspekte der Mobilität auf Basis von Elektrofahrzeugen untersucht.  In dem von uns bearbeiteten Teilprojekt Social Car werden die Kameras eines Automobils dazu genutzt, um bestimmte Straßenverhältnisse (Schlaglöcher, Kopfstein, etc.) zu erkennen. Das Framework AMOPA wird dabei für die Erkennung genutzt. Über eine Webanwendung werden anschließend die Ergebnisse der Analyse der Web-Community zur Verfügung gestellt. Das Auto „twittert“ also quasi seine Erfahrungen mit der Straße. Andere Automobile oder auch das Straßenverkehrsamt können von den Informationen profitieren.


Die hier vorgestellten Anwendungen stellen exemplarisch für unsere Arbeiten die Breite der Einsatzmöglichkeiten unserer technischen Entwicklungen dar. Sie bieten uns aber vor allem ein Testfeld für unsere empirisch motivierte Forschung. Entstanden sind im Rahmen von Drittmittelprojekten aus diesen und anderen Anwendungsfeldern zahlreiche Publikationen und Promotionen.