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Thema:
5.1 Sonstiges
Chair(s):
Lic.phil. Barbara Heiniger Haldimann (Klaus-Grawe-Institut für Psychologische Therapie)
Prof. Dr. Kurt Hahlweg (TU Braunschweig, Institut für Psychologie)
Präsentationsart:
Sonderveranstaltung
Dauer:
60 Minuten
13:30 Uhr
Sequenzielle Traumatisierungen von Flüchtlingen - psychosoziale Folgen und Interventionsansätze
Prof. Dr. Christine Knaevelsrud | Freie Universität Berlin | Germany
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Autor:
Prof. Dr. Christine Knaevelsrud | Freie Universität Berlin | Germany
Geflüchtete sind keine homogene Gruppe; sie haben lediglich gemein, dass sie in ihren Heimatländern von Verfolgung z. B. aufgrund ihrer Nationalität oder ihrer ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit bedroht oder unmittelbar betroffen waren. Die Erkrankungswahrscheinlichkeit ist mit den spezifischen Erfahrungen einzelner Flüchtlingspopulationen verbunden und unterscheidet sich gravierend nach Krisen-, Kriegs- und Fluchtkontext. Ist der Fluchtkontext durch gewaltintensive Konflikte charakterisiert, wie derzeit in Syrien, Irak und Afghanistan, kann von weitreichenden gesundheitlichen Folgen ausgegangen werden. Dazu gehören somatische als auch psychische Erkrankungen (u.a. PTSD, Depressionen und somatoforme Störungen). Ergänzend zu konflikt- und fluchtassoziierten Traumatisierungen stellen Postmigrationsstressoren, wie beispielsweise aufenthaltsrechtliche Probleme (u.a. asylrechtliche Anhörungen, Dauer des Asylverfahrens) und der damit verbundene eingeschränkte Zugang zu gesundheitlichen Versorgungsstrukturen, zusätzliche Risikofaktoren für die Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Störungen dar.
Der (klinischen) Psychologie kommt eine zentrale Rolle in der asylrechtlichen Anerkennung, der psychotherapeutischen Versorgung und der gesellschaftlichen Integration von traumatisierten Flüchtlingen zu. So zeigen Forschungsbefunde zu Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsprozessen, dass besonders Individuen mit stark ausgeprägter PTSD durch einen Interpretationsbias in der Asylrechtsprechung Benachteiligung erfahren. Die psychotherapeutische Versorgung von psychisch erkrankten Geflüchteten in Deutschland ist derzeit unzureichend. Neben Fragen zur Anwendbarkeit und Evidenz bisher primär in westlichen Ländern eingesetzten psychotherapeutischen Interventionen stellen sich angesichts des prognostizierten Bedarfs auch Fragen zur Skalierung und nach den Implementierungsmöglichkeiten. Damit eng verknüpft sind Fragen zur notwendigen klinischen Qualifikation der Therapeuten bzw. zu sprachlichen und interkulturellen Kompetenzen und deren Relevanz für eine wirksame Psychotherapie. Ziel des Vortrages ist es, den aktuellen Stand der Forschung zu diesen Themen zu vermitteln und damit empirisch-basierte Empfehlungen zu genieren bzw. weiteren Forschungsbedarf aufzuzeigen.