Thema:
2.5 Psychische Störungen und Versorgung bei besonderen Zielgruppen: Kinder- und Jugendalter, hohes Lebensalter, Risikogruppen
Leitung:
Prof. Dr. Julian Schmitz (Universität Leipzig)
Prof. Dr. Tina In-Albon (Universität Koblenz-Landau)
Präsentationsart:
Symposium
Dauer:
90 Minuten
Psychische Erkrankungen und psychopathologische Entwicklungen beginnen häufig bereits im Kindes- und Jugendalter. Dies betrifft sowohl Störungen aus dem internalisierenden Spektrum wie Angststörungen und Depressionen, aber auch externalisierende Probleme wie hyperkinetische Störungen oder die Störung des Sozialverhaltens. Weiterhin weisen psychologische Forschungsstudien darauf hin, dass psychische Auffälligkeiten zeitlich umso stabiler und mit mehr negativen Konsequenzen für die betroffenen Kinder und Familien assoziiert sind, je früher sie beginnen. Trotz dieser hohen Relevanz der Kindheit für das Verständnis von psychischen Störungen, ist bis heute vergleichsweise wenig zu den entwicklungspsychopathologischen Grundlagen von psychischen Auffälligkeiten im Vor- und Grundschulalter bekannt. Eine besonders relevante Frage in diesem Forschungsgebiet betrifft die Identifikation von frühen Risiko- und Schutzfaktoren, die eine psychopathologische Entwicklung beeinflussen. Im Symposium werden daher aktuelle Forschungsstudien zu psychologischen Korrelaten wie emotional-sozialen Kompetenzen oder kognitive Performanz von psychischer Gesundheit im Vor- und Grundschulalter vorgestellt. Die untersuchten Stichproben umfassen sowohl gesunde Kinder, Risikostichproben und klinische Probanden mit psychischen Störungen aus dem internalisierenden und externalisierenden Spektrum.
Einfluss von akutem Stress auf Lernen im Kleinkindalter
Prof. Dr. Silvia Schneider | Ruhr-Universität Bochum
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Autor:
Prof. Dr. Silvia Schneider | Ruhr-Universität Bochum
Hintergrund: Auswirkungen von frühem Stress auf kognitive Fertigkeiten und psychische Gesundheit sind viel diskutiert. Prospektive Längsschnittstudien zeigen eine robuste Assoziation von frühem Stress und eingeschränkten kognitiven Leistungen sowie eingeschränkter psychischer Gesundheit. Ob und wie akuter Stress kausal auf das Verhalten und Lernen von Kleinkindern Einfluss nimmt, ist kaum untersucht. Die vorliegende Studie überprüft experimentell der Einfluss von akutem Stress auf die kognitive Flexibilität bei Kleinkindern. Methode: 15 Monate (N=26) alte Kleinkinder wurden entweder einer standardisierten Stressinduktion oder keiner Stressinduktion randomisiert zugeteilt. Im Anschluss daran nahmen die Kleinkinder an einer Lernaufgabe teil. Der Erfolg der Stressmanipulation wurde anhand von Kortisol, kodiertem Stressverhalten des Kleinkindes sowie des Elternurteils kontrolliert. Abhängige Variable in der Lernaufgabe war das Ausmaß rigiden vs. flexiblen Verhaltens des Kindes. Ergebnisse: Ein signifikanter Anstieg von Stress in der Stressbedingung im Vergleich zur Nicht-Stressbedingung konnte nachgewiesen werden. In der Lernaufgabe zeigte sich ein signifikanter Effekt der Stressinduktion auf die Lernleistung des Kindes. Während Kinder in der Stressbedingung rigides Verhalten in der Lernaufgabe zeigten, wiesen die Kinder in der Nicht-Stressbedingung flexibles Verhalten auf. Diskussion: Kleinkinder neigen ähnlich wie Erwachsene unter Stress zu rigidem Verhalten. Explorationsverhalten, das für die gesunde Entwicklung von Kindern von hoher Bedeutung ist, wird hierdurch möglicherweise eingeschränkt und behindert langfristig das Kind in seiner Entwicklung.
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Sozial und emotionale Kompetenz bei Kindern im Vor- und Grundschulalter
Prof. Dr. Tina In-Albon | Universität Koblenz-Landau
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Autor:
Prof. Dr. Tina In-Albon | Universität Koblenz-Landau
Defizite in emotionalen Kompetenzen stehen im Zusammenhang mit zahlreichen psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter. Was jedoch bislang generell fehlt, ist ein umfassendes Verfahren, das ganzheitlich mehrere Dimensionen der emotionalen Kompetenz von Kindern im Vor- und Grundschulalter adäquat erfasst. Mit dem Messverfahren für emotionale Kompetenz bei Kindern im Vor- und Grundschulalter (MeKKi) werden die folgenden Dimensionen computerbasiert und altersangemessen erfasst: Emotionsvokabular, Emotionsausdruck, Emotionsregulation, Emotionserkennung und Emotionsverständnis.
Erster Schritt war die Entwicklung des Verfahrens und der Überprüfung der Gütekriterien anhand eines Expertenratings und in einer Allgemeinpopulation von Kindern zwischen 4 und 9 Jahren. Im zweiten Schritt wurde MeKKi überarbeitet und erneut auf die Gütekriterien in einer Allgemeinpopulation und einer Risikostichprobe inkl. Test-Retest-Reliabilität überprüft. Die Retest-Reliabilitäten für die Skalen lagen zwischen .59 und .88. Aktuell wird MeKKi in verschiedenen Projekten in Leipzig, Marburg und Landau bei Kindern im Vor- und Grundschulalter eingesetzt und dabei werden auch Kinder mit psychischen Störungen untersucht. Das Verfahren und die Ergebnisse werden vorgestellt und diskutiert.
Emotionale Kompetenzen bei Vor- und Grundschulkindern und ADHS-Symptome
Prof. Dr. Hanna Christiansen | Philipps-Universität Marburg
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Autor:
Prof. Dr. Hanna Christiansen | Philipps-Universität Marburg
Hintergrund Emotionale Kompetenz bezeichnet die Fähigkeit, sich der eigenen Gefühle bewusst zu sein, Gefühle regulieren und ausdrücken zu können, die Gefühle anderer Menschen zu erkennen und zu verstehen. In den ersten sechs Lebensjahren entwickeln sich die emotionalen Kompetenzen sowie Emotionsregulationsfertigkeiten. Aktuelle Studie zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und reduzierten emotionalen Kompetenzen gibt.
Methode Die aktuelle Studie ist als Längsschnitt mit drei Messzeitpunkten geplant. Es sollen Kinder zwischen 5-9 Jahren mit und ohne ADHS-Symptome eingeschlossen werden. Zur Erhebung werden die Conners Early Childhood Scales (CEC) für Eltern und Erzieher eingesetzt, die sowohl ADHS-Symptome als auch Entwicklungsmeilensteine erfassen bzw. die Conners-3 Fragebögen (ab 7 Jahre). Die emotionalen Kompetenzen werden mit dem Messverfahren für emotionale Kompetenz bei Kindern im Vor- und Grundschulalter (MeKKi) erfasst. Zu T1, 6 (T2) und 12 (T3) Monate später werden die Verfahren erneut eingesetzt, um den Einfluss der emotionalen Kompetenzen auf ADHS-Symptome zu überprüfen.
Ergebnisse Die Studie läuft aktuell. Die T1 Datenerhebung ist abgeschlossen, aktuell läuft die T2-Erhebung.
Diskussion Cross-Lagged-Panel-Studien im Vorschulalter konnten zeigen, dass reduzierte emotionale Kompetenzen ADHS-Symptome ein Jahr später vorhersagen aber nicht umgekehrt. Damit wären reduzierte emotionale Kompetenzen ein Risikofaktor für die Entwicklung von ADHS.
Frühe Risikofaktoren in der kindlichen Entwicklung: zum Zusammenhang zwischen sozial-emotionalen Kompetenzen und internalisierenden/externalisierenden Symptomen im Vorschulter
Laura Huber | Universität Leipzig
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Autor:
Laura Huber | Universität Leipzig
Der Erwerb sozialer und emotionaler Kompetenzen stellt eine zentrale Entwicklungsaufgabe für Kinder und Jugendliche dar. Bisherige Forschung zeigte, dass sowohl manifeste psychische Störungen als auch subklinische internalisierende und externalisierende Probleme in der frühen Kindheit mit Beeinträchtigungen im sozialen und emotionalen Bereich einhergehen. Forschungsbedarf besteht in diesem Bereich vor allem im Vorschulalter, um frühe psychopathologische Mechanismen und Entwicklungsdynamiken zu verstehen. In einer aktuellen Studie wird daher der Zusammenhang von internalisierenden und externalisierenden Problemen und sozialen und emotionalen Kompetenzen bei Kindern im Alter von 4,5-5 Jahren anhand eines Multi-Informanten sowie Multi-Methodalen Ansatzes untersucht. Die Datenerhebung findet an einem Community sample in Leipziger Kindergärten statt. Internalisierende und externalisierende Symptome werden über den Strenghts-and-Difficulties-Questionnaire (SDQ) in Eltern- und LehrerInnenversion sowie das Berkeley-Puppet-Interview (BPI) für die Kinder erfasst. Soziale und emotionale Kompetenzen werden mittels einer experimentellen Verhaltensstudie und mittels des SDQ, BPI und dem Messverfahren für emotionale Kompetenz im Kindesalter (Mekki) untersucht. Erste Ergebnisse aus dieser Datenerhebung zeigen einen Zusammenhang zwischen internalisierenden und externalisierenden Symptomen und Defiziten in sozial-emotionalen Kompetenzen und werden vor dem Hintergrund anderer Forschungsergebnisse und aktueller psychopathologischer Theorien diskutiert.
Die Entwicklung sozial-kognitiver Fähigkeiten und ihr Zusammenhang zu internalisierenden Symptomen und Störungen
Dr. Annette Klein | Universitätsklinikum Leipzig
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Autor:
Dr. Annette Klein | Universitätsklinikum Leipzig
Angststörungen treten in der Kindheit häufig auf und können mit depressiven Symptomen einhergehen. Studien haben gezeigt, dass Defizite in sozial-kognitiven Kompetenzen, wie z.B. Emotionswissen, mit internalisierenden Symptomen zusammenhängen. Die Befunde bezüglich Theory-of-Mind-Verständnis (ToM) sind allerdings inkonsistent. In dieser Studie wird untersucht, wie sich ToM-Fähigkeiten und Emotionswissen vom Vorschul- zum Schulalter (t1, t2) entwickeln und wie sie mit internalisierenden Symptomen und Störungen zusammenhängen.
Die Stichprobe bestand aus N=198 Kindern (96 Mädchen) die an beiden Erhebungszeitpunkten teilnahmen (t1: MAlter=5;3, t2: MAlter=8;5). Internalisierende Symptome bzw. Störungen wurden mittels Strengths and Difficulties Questionnaire (Goodman, 1997) und dem diagnostischen Interview Preschool Age Psychiatric Assessment (Egger & Angold, 2004) erhoben. Auf Basis des Interviews wurden drei Gruppen gebildet: Kinder mit Angststörungen, Kinder mit Angststörungen und depressiver Komorbidität, Kinder ohne Störungen. Die ToM-Fähigkeiten wurden u.a. mit der ToM-Skala (Wellman & Liu, 2004) getestet, das Emotionswissen mit dem Test of Emotion Comprehension (Pons, Harris & de Rosnay, 2004).
Die ToM-Fähigkeiten sowie das Emotionswissen stiegen vom Vorschul- zum Grundschulalter deutlich an. Kinder mit Angststörungen und depressiver Komorbidität wiesen im Vorschulalter, nicht jedoch im Schulalter Defizite in ToM auf, während sich Kinder mit Angststörungen nicht von Kindern ohne Störung unterschieden. Beim Emotionswissen zeigten sich keinerlei Gruppenunterschiede.
Damit gibt die Studie Hinweise auf mögliche ToM-Defizite bei Kindern mit depressiver Komorbidität, die in Zukunft weiter untersucht werden sollten.