Thema:
2.6 übergreifende Themen
Leitung:
Prof. Dr. Anton-Rupert Laireiter (Fakultät für Psychologie, Universität Wien)
Präsentationsart:
Symposium
Dauer:
90 Minuten
Die Positive Psychologie ist Ende der 1990er Jahre angetreten, um die Defizit orientierte Klinische Psychologie um positive Aspekte, wie Stärken, Glück, Lebenssinn, Ressourcen, Resilienz, positive Emotionen etc. zu ergänzen. Bisher konnte sie dieses Programm allerdings noch nicht wirklich realisieren, dennoch nimmt das Interesse Klinischer Psychologinnen und Psychologen an dieser Entwicklung in den letzten Jahren immer mehr zu. Dies zeigt auch eine stärkere Integration von positiv psychologischen Methoden in verschiedene therapeutische Ansätze und Programme. In dem Symposium werden nach einem allgemein einleitenden Beitrag verschiedene Ansätze aus dem Bereich der Positiven Psychologie vorgestellt und Studien zur Überprüfung ihrer Wirksamkeit bei Menschen mit psychischen Störungen (Depressive, schwere psychische Störungen, Angststörungen) präsentiert. Es sollen damit Zugänge der Positiven Psychologie auch in der deutschsprachigen Klinisch-psychologischen und Psychotherapieforschung bekannt gemacht werden.
Positive Klinische Psychologie und Psychotherapie? Welchen Beitrag kann die Positive Psychologie zur Klinischen Psychologie und Psychotherapie leisten?
Prof. Dr. Anton-Rupert Laireiter
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Autoren:
Prof. Dr. Anton-Rupert Laireiter
Nektaria Tagalidou | Austria
Die Positive Psychologie (PP) tritt seit Ende der 1990 Jahre als Alternative zur herkömmlichen „Defizit orientierten“ Klinischen Psychologie (KP) und Psychotherapie (PT) auf. Eine spezifische „Positive Klinische Psychologie“ hat sich allerdings weder international noch in den deutschsprachigen Ländern etabliert. In letzter Zeit zeigt sich aber mehr Interesse gegenüber der PP und der Positiven Psychotherapie (PPT).
In dem Beitrag werden zunächst die wichtigsten Grundannahmen der PP aufgezeigt, für welche Bereiche der KP und PT diese relevant und welche Konzepte dafür von Bedeutung sind (Resilienz, Ressourcen, Stärken, positive Emotionen, Wohlbefinden etc.). Auch werden inhaltliche Nähen zu bestehenden Ansätzen der KP und PT herausgearbeitet. Anhand von Studien und Meta-Analysen wird aufgezeigt, welchen Beitrag positiv-psychologische Interventionen zur Behandlung psychischer Störungen leisten können.
Der Beitrag kommt zu dem Ergebnis, dass die wissenschaftliche Bedeutung der PP für die KP noch begrenzt ist, es zeichnet sich aber ab, dass Faktoren, die die PP betont, von Bedeutung für die Ätiologie psychischer Störungen sein können und dass verschiedene Methoden einer Positiven Psychotherapie nachweislich zur Verbesserung von Störungen, insbesondere aus dem Bereich der affektiven, Belastungs- und Angststörungen, beitragen können.
Die Ergebnislage legt nahe, die PP stärker in die KP und PT zu integrieren (z.B. Diagnostik, Ätiologie, Prävention, Gesundheitsförderung, Psychotherapie), nicht nur für Erwachsene, sondern auch für Kinder, Jugendliche und alte Menschen
Die Wirksamkeit Positiver Psychotherapie (PPT) und Kognitiver Verhaltenstherapie (KVT) bei Depressiven im Vergleich – eine randomisierte kontrollierte Studie
Linda Maria Furchtlehner | Austria
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Autoren:
Linda Maria Furchtlehner | Austria
Prof. Dr. Anton-Rupert Laireiter | Austria
Hintergrund/Ziele: Die Positive Psychotherapie (PPT) wurde von Seligman und Rashid aufbauend auf dem PERMA-Modell entwickelt und basiert auf der Annahme, dass emotionale Störungen und Probleme, wie die Depression, nicht nur durch die Reduktion kognitiver und affektiver Symptome behandelt werden kann, sondern primär und exklusiv auch durch die Entwicklung von Positivität (positive Emotionen, Charakterstärken, Ressourcen, positiven Beziehungen etc.). Die vorgestellte Studie ist die erste deutschsprachige Studie zur Wirksamkeit der PPT bei Depressiven im Vergleich zur KVT. Methode: 92 präselegierte Patienten mit einer nach DSM-IV-TR diagnostizierten depressiven Störung (MDD, Dysthymia) wurden per Zufall entweder einer manualisierten PPT- oder KVT-Gruppen-Behandlung mit jeweils 14 Sitzungen zugeteilt. Die primären Outcomes waren selbst- und fremd beurteilte Depressivität (BDI II; MADS) sowie selbst beurteiltes Glücklichsein und Lebenszufriedenheit. Als sekundärer Outcome wurde der GSI des BSI verwendet. Die Ergebnisse wurden auf der Basis einer Completer- (CP) wie einer Intention-to-treat (ITT)-Analyse (LOCF) ausgewertet. Ergebnisse: Im Vergleich zur KVT zeigte die PPT-Gruppe konsistent hohe bis sehr hohe Effektstärken und übertraf diese in allen Effektmaßen statistisch signifikant, sowohl in den primären wie in den sekundären Outcome-Maßen. Die ITT-Analyse resultierte in niedrigeren Effektstärken, erbrachte aber keine grundsätzlich anderen Ergebnisse als die CP-Analyse. Diskussion: In dieser wie in vorangegangenen anderen Studien erwies sich die PPT als wirkungsvolles und vielversprechendes Verfahren zur Behandlung der Depression. Follow-up-Untersuchungen werden ihre Stabilität zeigen müssen.
Humortraining für Menschen mit schweren psychischen Störungen – Ergebnisse einer Praxis-Wirksamkeitsstudie
Nektaria Tagalidou | Austria
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Autoren:
Nektaria Tagalidou | Austria
Teresa Mussuros | Austria
Marlene Faschingbauer | Austria
Hintergrund/Ziel: Humortrainings erfreuen sich wachsenden Interesses im Bereich der Positiven Psychologie, da sie Heiterkeit und Wohlbefinden verbessern und negative Emotionen reduzieren können. Trotz vielversprechender Effekte gibt es wenig Forschung im Bereich der klinischen Psychologie. Deshalb wurde ein Humortraining für Menschen mit schwereren chronifizierten psychischen Störungen in Wien durchgeführt. Methodik: In einem quasi-experimentellen praxisorientierten Design nahmen 28 Personen am Humortraining teil, während 26 Personen als Kontrollgruppe dienten (N = 56). Primäre Diagnosen der Teilnehmer waren Schizophrenie und affektive Störungen. Das Training erstreckte sich über 8 Wochen und es gab 3 Messzeitpunkte: vor dem Training (t1), nach dem Training (t2) und 6 Wochen nach Beendigung des Trainings (t3).
Ergebnisse: Lineare gemischte Modelle zeigen, dass humorbezogene Konstrukte wie Heiterkeit und Humor als Bewältigungsstrategie im Vergleich zur Kontrollgruppe zum Zeitpunkt t2 signifikant verbessert wurden (d = 0.81 – 0.85). Die Ergebnisse blieben zu t3 jedoch nicht stabil. Depression und Angst blieben unverändert. Des Weiteren zeigten explorative Analysen, dass Menschen mit erhöhter Gelotophobie (Angst vor dem Ausgelacht werden) vom Training stärker profitierten.
Diskussion: Die Studie darf als erster Schritt in der Erforschung von Humortrainings für Menschen mit (teilweise) schweren psychischen Störungen angesehen werden. Weitere Forschung wird benötigt, um genauere Kenntnis über die Wirkmechanismen von Humor zu erlangen.
Eine Anwendung des Lebenskunstkonzepts im klinischen Bereich: Ausarbeitung, Durchführung und Evaluation störungsspezifischer Trainingsvarianten für Jugendliche mit den Diagnosen Angst und Depression
Madeleine Georg | Germany
Lisa Katharina Groetsch | Germany
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Autoren:
Madeleine Georg | Germany
Prof. Dr. Bernhard Schmitz | Germany
Lisa Katharina Groetsch | Germany
Hintergrund: Ein positiver Umgang mit dem Selbst bildet die Grundlage für ein zufriedenes Leben. Das Konzept der Lebenskunst setzt hier an und beschreibt eine achtsame und selbstbestimmte Lebensgestaltung. Dies kann bereits im Schulalter mittels gezielter Übungen gelernt werden. Fragestellungen: In der vorliegenden Studie wurden zwei Varianten eines dreiwöchigen Lebenskunsttrainings für Jugendliche mit Depressionen und/oder Angststörungen entwickelt und evaluiert. Für Trainingsvariante I, das „Defizitorientierte Training“, wurden mittels einer Vorstudie defizitär ausgeprägte Lebenskunstbereiche ermittelt und als Trainingsinhalte bestimmt. Trainingsvariante II, das „Theoriegeleitete Training“, orientierte sich an der Symptomatik beider Störungsbilder. Ergebnisse: Die Ergebnisse einer Vorstudie mit N = 30 ergaben zunächst, dass, verglichen mit einer Normstichprobe, ein für Angst- und depressive Störungen spezifisches Ausprägungsmuster auf den Lebenskunstskalen existiert. An der Hauptuntersuchung nahmen insgesamt 67 Probanden (M = 15 Jahre) teil. Die ermittelten Interaktionen der ANOVA über zwei Messzeitpunkte und Post-Hoc Analysen zeigten signifikante Verbesserungen der trainierten Gruppen für die Lebenskunst, die Lebenszufriedenheit, sowie weitere relevante Lebenskunstskalen. Im Prä-, Post-, Follow-up Vergleich konnte eine anhaltende Wirkung der Trainingseffekte nachgewiesen werden. Weiterhin sanken die Depressionswerte beider Gruppen im Verlauf des Trainings und darüber hinaus. Diskussion: Insgesamt kann das in den klinischen Bereich implementierte Lebenskunsttraining als wirkungsvoll zur Steigerung der Lebenskunst, der Lebenszufriedenheit und der Verbesserung depressiver und Angst-Symptome angesehen werden.