Thema:
1.4 Komorbidität und (Langzeit-)Verläufe, Transdiagnostische Ansätze
Leitung:
Prof. Dr. Birgit Kleim (Universität Zürich Psychologisches Institut)
Präsentationsart:
Symposium
Dauer:
90 Minuten
Psychotherapie, vor allem die kognitive Verhaltenstherapie, ist wirksam. Dafür gibt es inzwischen hinreichend viele gesicherte Belege. Gesundheitsökonomische Untersuchungen von Psychotherapie und Forschung zur Effizienz psychotherapeutischer Interventionen im Längsschnitt stehen jedoch noch ziemlich am Anfang. Im Symposium sollen Studien vorgestellt und diskutiert werden, die Langzeit-Katamnestische Daten (>10 Jahre Follow-up) zur Wirksamkeit von Psychotherapie erhoben haben. Verschiedene Datensätze werden im Hinblick auf die Langzeit-Katamnesen und die Wirksamkeit von Psychotherapie hin untersucht. Gesundheitsökonomische Perspektiven auf die vorliegenden Daten, konkrete Herangehensweisen und Herausforderungen, sowie Implikationen und Nutzen in Diskussion mit Entscheidungsträgern werden diskutiert.
Stabil gebessert nach Routinebehandlung? Langfristige Wirkung von ambulanter Verhaltenstherapie unter Versorgungsbedingungen
Dr. Ruth von Brachel | Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit, Universität Bochum
» Details anzeigen
Autoren:
Dr. Ruth von Brachel | Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit, Universität Bochum
Prof. Dr. Jürgen Margraf | Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit, Universität Bochum
Die Wirksamkeit kognitiver Verhaltenstherapie ist in einer Vielzahl von Studien und Meta-Analysen belegt, dagegen gibt es sehr wenige follow-up Untersuchungen, die über einen Zeitraum von 2 Jahren hinausgehen. Dies ist insbesondere wichtig, da viele Erkrankungen im natürlichen Verlauf von Rezidiven und Fluktuationen gekennzeichnet sind. Die meisten der wenigen follow-up Studien sind die Katamnesen randomisiert-kontrollierter Therapiestudien. Während diese sehr genaue Aussagen über bestimmte Patientenpopulationen und Interventionen erlauben, sind Generalisierungen auf die allgemeine Versorgung psychisch kranker Menschen unter Routinebedingungen nur sehr begrenzt möglich. Deswegen kontaktieren wir in einer aktuellen Studie die ehemaligen Patienten der Hochschulambulanz der Ruhr-Universität Bochum 5 bis 20 Jahre (M= 8.1 Jahre) nach Abschluss ihrer ambulanten Therapie und erfragen verschiedene Parameter ihrer psychischen Gesundheit. Dabei zeigen sich die meisten der Patienten (bisher N=231) auch nach Jahren zufrieden mit der Behandlung. Effektstärken vom Zeitpunkt vor der Therapie bis zum follow-up sind mit rund .8 zumeist vergleichbar wie die Effektstärken von vor bis nach der Therapie. Legt man allerdings strengere Erfolgskriterien wie klinische Signifikanz oder die Abwesenheit einer DSM-Diagnose an, zeigen sich –je nach Erfolgsmaß- ca. 30 % der Patienten als nicht ausreichend gebessert.
Die Ergebnisse sollen vor dem Hintergrund der langfristigen Wirksamkeit ambulanter Verhaltenstherapie unter Routinebedingungen bei verschiedenen Störungsgruppen diskutiert werden. Ferner werden methodische Probleme bei der Durchführung von Langzeitkatamnesen unter Versorgungsbedingungen diskutiert.
Langzeit-Effekte von Psychotherapie in gross-angelegten naturalistischen Langzeit-Studien
Prof. Dr. Birgit Kleim | Switzerland
» Details anzeigen
Autoren:
Prof. Dr. Birgit Kleim | Switzerland
Dr Mario Müller | Switzerland
Prof Erich Seifritz | Switzerland
PD Vladeta Ajdacic-Gross | Switzerland
Der vorliegende Beitrag untersucht die Wirkung von Psychotherapie in gross angelegten naturalistischen Langzeit- Studien (Zürich Studie, ZS und Zürcher Impulsprogramm zur nachhaltigen Entwicklung von Psychiatrie, ZinEP). Unter Berücksichtigung des Psychotherapie-Typs werden Patientengruppen, die Psychotherapie in Anspruch genommen hatten, denjenigen gegenüber gestellt, die bei gleicher Symptomschwere keine Psychotherapie in Anspruch nahmen. Vor allem die ZS untersuchte in einzigartiger Weise relativ grosse Kohorten über mehrere Jahre hinweg und erlaubt daher einen Aufschluss auf die Wirksamkeit von Psychotherapie über die Zeit hinweg. Die Ergebnisse der Langzeit-Wirksamkeit von Psychotherapie sollen vorgestellt und diskutiert werden. Herausforderungen solcher Begutachtungen aus gesundheitsökonomischer Perspektive sollen herausgestellt und diskutiert werden.
Prävention psychischer Probleme im Kindesalter
Prof. Dr. Kurt Hahlweg | TU Braunschweig, Institut für Psychologie, Abteilung für Klinische Psychologie, Psychotherapie und Diagnostik | Germany
» Details anzeigen
Autor:
Prof. Dr. Kurt Hahlweg | TU Braunschweig, Institut für Psychologie, Abteilung für Klinische Psychologie, Psychotherapie und Diagnostik | Germany
Kindliche emotionale Probleme wie Ängste und Depressionen sind ebenso wie Verhaltensstörungen (z.B. aggressives Verhalten, ADHS) in westlichen Industrieländern mit ca. 20% häufig und haben eine schlechte Prognose. Damit ist fast jedes vierte bis fünfte Kind von solchen Problemen betroffen (insgesamt ca. 3 Mill. Kinder im Alter von 1 – 16 Jahren in Deutschland). Gleichzeitig fühlen sich viele Eltern in Erziehungsfragen überfordert und wünschen sich dringend Erziehungshilfen. Zwar gibt es jährlich ca. 50.000 familienbezogene Präventionsangebote in Deutschland. Die Masse der sehr verschiedenen Angebote aber verunsichert die Eltern und schadet womöglich, da die Wirksamkeit des überwiegenden Teils dieser Elternhilfen nicht belegt ist.
Evidenzbasierte Maßnahmen zur universellen Prävention und Frühförderung im Vorschulalter, vor allem Elternkurse zur Erhöhung der elterlichen Erziehungskompetenz, werden deshalb dringend benötigt. Übereinstimmend zeigt sich in zahlreichen internationalen Studien, dass Erziehungstrainings, die einen autoritativen Erziehungsstil vermitteln zur Verbesserung des seelischen Befindens von Kindern wirksam beitragen.
Im Vortrag soll auf die Effektivität von universellen Präventions-Maßnahmen, insbesondere des Triple P Programms, eingegangen werden. In einer 10-Jahres-Studie konnte dessen langfristige Wirksamkeit nachgewiesen werden. Abschließend soll diskutiert werden, wie präventive Ansätze auch die Situation von Flüchtlingsfamilien verbessern und deren Integration fördern können.
Nachhaltig über die Generationsgrenze? Langfristige Wirkungen der Behandlung von Panik und Phobien
Prof. Dr. Jürgen Margraf | Germany
» Details anzeigen
Autoren:
Prof. Dr. Jürgen Margraf | Germany
Prof. Dr. Silvia Schneider | Germany
Das proklamierte Ziel psychologischer Behandlungen für Angststörungen ist nachhaltiger Erfolg. Für die meisten Behandlungsmodalitäten fehlen allerdings wirkliche Langzeitkatamnesen bzw. deuten die vorliegenden Hinweise auf mangelnde Dauerhaftigkeit der Therapieergebnisse hin. Dies gilt insbesondere für medikamentöse Behandlungen, bei denen in jüngster Zeit sogar vermehrt Hinweise auf negative Langzeitwirkungen auftauchen. Im vorliegenden Beitrag werden die Ergebnisse zweier Langzeitstudien zu kognitiv-behavioralen Therapien berichtet. In der ersten Studie wurden Patienten nachuntersucht, die vor über 20 Jahren wegen Panikstörungen behandelt wurden. In der zweiten Studie wurden die Kinder von Patienten, die wegen Panik oder Phobien behandelt worden waren, rund sieben Jahre nach dem Ende der Behandlung ihrer Eltern mit Kindern unbehandelter Patienten verglichen. Die Ergebnisse der ersten Studie zeigen eine außerordentliche Dauerhaftigkeit der erzielten Therapieergebnisse, diejenigen der zweiten Studie gar eine Wirkung über die Generationengrenze hinweg. In allen Fällen wurden die Behandlungen unter stark strukturierten Studienbedingungen durchgeführt. Es wird diskutiert, inwieweit die standardisierte Therapiedurchführung zur Nachhaltigkeit der Therapieerfolge beigetragen hat.