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Adventskalender 2017 der TU Chemnitz

DKW-Ausstellung im Schloss Wildeck Zschopau

Jørgen Skafte Rasmussen – Ein Industriepionier Sachsens

DKW-Ausstellung im Schloss Wildeck Zschopau
Auf der Kalenderseite vom 4.12. wurde schon darauf verwiesen, dass im Schloss ein spezieller Ausstellungsteil dem Thema Motorradherstellung gewidmet ist.
Motorrad in Zschopau heißt Rasmussen und heißt DKW (und später MZ).
Aber der Reihe nach:

J. S. Rasmussen

Jørgen Skafte Rasmussen wurde 1878 in Dänemark geboren. Er studierte Maschinenbau und Elektrotechnik in Mittweida und Zwickau, als Ingenieur schloss er 1902 sein Studium ab. Mit einem befreundeten Kaufmann gründete er 1903 seine erste Firma Rasmussen & Ernst (RE), die ihren Sitz in Chemnitz hatte und hauptsächlich Zubehör für Dampfmaschinen produzierte. Er meldete zahlreiche Erfindungen an, zum Beispiel eine Messer- und Gabelputzmaschine. Größeren Erfolg hatte Rasmussen mit Apparaturen zur Reinigung und Trennung von Flüssigkeiten, so wurde ein „Rasmussen-Abdampf-Entöler“ gebaut.
Um seine Produktion zu erweitern kaufte Jørgen Skafte Rasmussen 1906 eine stillgelegte Fabrik in Zschopau. Sechs Jahre später wurde die Zschopauer Maschinenfabrik J. S. Rasmussen gegründet, in der u.a. schon erste Experimente mit einem Dampfkraftwagen durchgeführt wurden. Letztlich sollte eine Serienproduktion von Dampfkraftwagen aufgebaut werden.


Fahrräder mit Hilfsmotor
Marketing vor fast 100 Jahren

Rasmussen erkannte aber, dass Dampf als Antriebsmedium doch nicht zukunftsträchtig war. Also wurde ein Zweitakt-Verbrennungsmotor entwickelt, der zunächst unter dem Namen Des Knaben Wunsch als Spielzeug verkauft wurde. Etwas später wurde daraus ein 1-PS-Fahrrad-Hilfsmotor abgeleitet, der zum großen kommerziellen Erfolg avancierte, wozu sicherlich auch die clevere Werbung beitrug (s. Bild oben rechts).


Das Fahrrad als Urvater ist noch erkennbar ...
Das ist schon eher ein „Motorrad“

Das Jahr 1921 markiert den Einstieg in die Motorradproduktion. Bis Ende 1927 wurden unter dem Namen DKW 100 000 Motorräder produziert, damit war DKW die wichtigste Motorradmarke in Deutschland.
Rasmussen war sehr geschäftstüchtig und versuchte ständig, die Produktionsmöglichkeiten auszubauen. Zu diesem Zweck kaufte er andere Fabriken auf bzw. gründete neue, z.B. die Metallwerke Frankenberg/Sachsen, in denen später die DDR-Bürgern noch bekannten Kleinlieferwagen Framo entstanden. In einem Werk in Scharfenstein wurde erstmals in Europa ein Haushalt-Kühlschrank hergestellt. Die Firma Deutsche Kühl- und Kraftmaschinen GmbH (DKK) war Inbegriff für Kühlschränke in der DDR bis in die 90er Jahre.

Nach 1928 waren die Zschopauer Motorenwerke die größten Motorradhersteller weltweit.
Rasmussens mittelständige Unternehmensgruppe mauserte sich somit innerhalb weniger Jahre zu einem Konzern. Aber die Weltwirtschaftkrise traf auch Rasmussens Firmen hart. Auf Betreiben der Sächsischen Staatsbank wurde deshalb 1931 die Auto Union AG Chemnitz gebildet - aus den verschuldeten Betrieben Zschopauer Motorenwerke mit ihrer Tochtergesellschaft Audiwerke AG Zwickau, der Horchwerke AG Zwickau und den Wanderer-Werken in Chemnitz-Schönau. Die 4 Ringe des Auto-Union-Logos stehen für die vier Gründungsmarken und sind heute weltbekannt als Firmenzeichen für die Audi AG Ingolstadt. Rasmussen war kurze Zeit Vorstandsmitglied der neuen Firma, dann kam es zu Differenzen mit den anderen Mitgliedern der Leitung und er schied aus. Nach Ende des zweiten Weltkriegs ging er zurück nach Dänemark und versuchte - allerdings mit mäßigem Erfolg - unter dem Markennamen DISA eine neue Motorradproduktion.


MZ-Motorräder der 60er Jahre
MZ-Motorräder der 80er Jahre

Wie alle Industriebetriebe in Deutschland war auch die Auto Union in die Rüstungsproduktion integriert. Nach Kriegsende kam die Produktion deshalb zum Erliegen, die Kapitalgesellschaft Auto Union wurde in der sowjetischen Besatzungszone liquidiert. Aus dem DKW-Motorradwerk Zschopau wurde 1952 der VEB Motorradwerk Zschopau. Damit konnte - nun unter dem Markenzeichen MZ - die traditionsreiche Produktion von Motorrädern fortgesetzt werden. Vom ersten Erfolgsmodell, der RT 125, wurden mehr als 300 000 Stück hergestellt, von den nachfolgenden Baureihen ES, RTS und TS gar 900 000 Exemplare! Damit war MZ der bedeutendste Motorradhersteller in Europa.
Ab 1957 beteiligte sich MZ auch sehr erfolgreich an internationalen Straßenrennen einschließlich Läufen zur Weltmeisterschaft. Außer den deutschen nutzten auch berühmte ausländische Fahrer MZ-Maschinen, z.B. Mike Hailwood.
Genauso erfolgreich war MZ im Bereich des Motorrad-Geländesports. Viele Jahre wurde das internationale Sechstagerennen durch MZ gewonnen.


Geländesportmaschine
Nachwende-MZ

Durch die wirtschaftlichen Beschränkungen in der DDR konnten diese Erfolge aber leider nicht ausgebaut werden, so dass nach einigen Jahren die MZ-Motorräder nicht mehr konkurrenzfähig waren und international an Bedeutung verloren. Nach der Wende 1990 wurde MZ privatisiert, nicht lange danach musste der Betrieb Konkurs anmelden. Diverse Wiederbelebungsversuche sind bis heute gescheitert.

Diese und viele viele weitere Informationen und Anschauungsobjekte findet man in der Ausstellung im Schloss Wildeck. Ein Besuch des Museums kann jedem Technikinteressierten nur empfohlen werden. Jeweils freitags findet um 14 Uhr eine Führung unter sachkundiger Leitung statt. Alle Informationen zum Schloss (Öffnungszeiten etc.) findet man auf der Webseite von Zschopau.