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Adventskalender 2017 der TU Chemnitz

De Engelscharnschlacht

Buchcover Weißköppel-David

Mei Grußvoter saht ze Weihnachten e manichsmol sette Varschle har, die mer sinsten 's ganze Gahr net ze hörn kriegeten. Uns Kinnern tat dos gefalln. Wie mer'n oder emol fregeten, wos die Varschle ze bedeieten hätten, do menet er, die wärn aus der «Engelschar». Do wußten mer esu viel wie erscht. Wie mer ne oder ka Ruh ließen, do hoot 'ersch uns emol derzehlt.

Allemol ze Weihnachten, do taten sich in Dorf e paar Mannsen un Weibsen zesamme, die macheten e Engelschar. Na es mögn manichsmal racht deftige Engeln gewasen sei! Es warn oder beileid net när Engeln, nä, es gehöreten de heilige Mari, der Gosef, der Wert, zwä Herten, zwä Engeln un der Rupperich derzu. Die taten sich mitenaner e Theater eistudiern. Dos spieleten se oder net in Gasthuf ofn Sool, naa, do zugn se schie ageputzt in de Dörfer rüm, ginge in de Häuser nei un spieleten de heilige Weihnachtsgeschicht. Die Sach war aa net aufgeschriebn, es hatt's e jed's vu sen Voter oder seiner Mutter gelarnt. Se hatten net derhaufen dervu, se kriegeten hierde emol Kaffee un Stolln, bei en Flascher aa emol e fünkel Worscht. Es setzet aa emol e paar Pfeng oder e Flaschel Schnaps. Es war abn a Sach, die se sich salber zon Vergnügen macheten. Nu is oder emol e werklichs Ding gepassiert, dos muß ich emol derzehln.

Also: an dritten Feiertag vir vieln Gahrn macheten vu Geyerschdorf har sette Christspieler nei of Klarückerswal zu. Engtlich warn se aus der Wies'. Se hatten oder in Geyerschdorf ne ganzen Nochmittig gespielt un wollten noch net eham, un nooch Annebarg nei traueten se sich net. Eine Kält war, daß en bal 's Maul zugefrur. An besten war der Rupperich dra, dar stok in en grußen Zippelpelz drinne. Oder die annern hattn's bal soot. Der Rupperich machet sich an Gosef naa: «Tu när emol dei Flaschel har, mer müssen emol eihaazen!» Es dauret net, do machet es Flaschel de Rund. Aa de heilige Mari un de Engeln lacketen miet naa. Es tat racht schie schneie und de Engeln hatten e Mordsangst, daß die Flügeln net epper aus'n Leim ginge, dä die warn aus Papp. Se tratscheten oder ihrn Steig föder, macheten hiner ne Schützenhaus wag un tame 's Ding hiner nooch Rückerschwal. Bein erschten Gut bliebn se vir der Haustür traten. Se schüttleten sich ne Schnee ad, un dann sange se haußen en Varsch. Geleich ging de Haustür auf un e paar Kinnerköppeln stecketen de Nos raus in darer Kält.

«De Engelschar!» hieß drinne in Hausflur. Dann machet e Hert de Stubentür auf un ging nei. Er machet en Diener vir alln, die do warn, dann saht er:

«Guten Ohmd mitenanner, grüß euch Gott! Ich bin e ausgesandter Bot! Ich zeig euch a zu dieser Frist, daß itze werd komme der heilige Christ! Ene schiene gute Nacht!»

Wie er dos gesaht hatt, machet er wieder naus. Nu ging der Wert nei mit ener rutn West, ener weißen Scherz un en Kappel ofn Kopp, un stellet sich brätspuret hie. Do machet der Rupperich zu ne un tat ne areden:

«Guten Ohmd, Bruder Alaxo. Wie kalt! Kimmt der Winter mit Gewalt. Ich dacht, ich müßt de Nos derfriern, Ich dacht, ich müßt de Schuh verliern. Mir müssen in de Stadt neilaafen Un müssen uns Budelmützen kafen.»

Dodrauf saht der Wert:

«Ja, a ja, zon Kafen braucht mer Gald! Ich brauch aa e neu Husenfall; Wenn Kieselstä Toler wärn Un Neugrosch in der Mistpfütz lägn!»

Der Rupperich mänet:

«Wenn du willst klogn, Wos soll do net ich armer Teifel sogn? Ich ho weder Butter noch Kas' noch Quark, Un ich ho ene Fraa, die is esu karg. Die willn ihrn Vurrat net rauslange. Wos soll ich armer Teufel afange?»

Itze kame oder de Marie un der Gosef nei un macheten vir den Wert en tiefen Diener. Dar freget nu: «Habt Dank, ihr lieber Alter, wu kommt ihr itze har?» Nu fing der Gosef a:

«Ho, ho, ho, Ihr derft net bläken esu sehr! Ihr schreit doch, als oh ich ganz taab wär! Ich un dos Weibele komme aus der Stadt in Galiäa, die haßt Nazareth – –»

Esuweit warn se komme. Do ging of emol draußen vir der Tür e neu Gesing lus. Daß Gott derbarm, noch e Engelschar tauchet auf. Dar ane Engel manet derschrocken: «Wos machen mer dä do?» «Nischt», saht der Rupperich, «mir machen uner Ding weter!» Oder esu lecht war dos net. E Hert ging naus vir der Haustür un tat mit die anern reden, se sollten wieder giehe. Oder do kam er schlacht a. «Wuhar seid ihr dä?» klangs vu draußen. «Vu der Wies'», saht der Hert. «Dos wär neue Mode! Spielt ihr derham in der Wies'! Mir machen unern Drack salber!» Dar dos esu schrier, war der Gosef vu draußen. Doderbei hatten se dan Hert en Schwitterlich gabn, daß er wieder nei in Flur geflugn kam. «Mir bleibn do!» saht der Rupperich. Oder do menget sich der Bauer nei, dan die Stub gehörn tat: «Nä, macht när, daß 'r fortkommt, mir brauchn euch Wiesner net! Saht när, wie ihr mit dan draußen ausenaner kommt!» Un dodermiet dränget er se zor Tür naus. «Immer langsam!» saht der Wiesner Rupperich; es half oder alles nischt, se mußten abn naus. Bornewag der Wert un der Gosef, dann anenanergehuschelt de Mari un de Engeln und hinerher de Herten. Erscht ging's ganz gut, oder dann hatt der Rupperich vu de Rückerschwaler de Wies'ner Mari ewing klitschen wolln. Die quieket gerodnaus un do fing 's Ugelück a. Bal war e rachte Schlacht in Gang. Hierde ruppet e Engel ne anern de Flügeln runner. De ane Mari haaet mit en Wickelkind üm sich rüm, es war oder när e Struhwisch. Ne Wies'ner Rupperich hatten se ne Bart waggerissen, un die bäden Wert kugelten mitenaner in Schnee rüm. Bis endlich der Wiesner Rupperich saht: «Dos hoot doch alles gar ken Zwack! Mer wolln uns doch vertrogn! Do trinkt emol aus men Flaschel!» Dos war e gutes Wort zor rachten Zeit. Dos Flaschel ging ümring un de Leut wurn wieder enig mitenaner. Ewing zerwercht und zerzaust schub de Wies'ner Engelschar eham. De Rückerschwaler konnten oder aa net esu auftraten, wie se warn, se macheten nüm in Gasthuf un wollten sich wieder zerachtmachen. –

Wie an anern Früh de Katz of dos Schlachtfald kam, do log dorten e rausgeruppter Engelflügel, de rute Nos vu en Rupperich, der Bart vu en heiling Gosef, e Fatzen Boirock vu ener Mari un e zerknörbeltes Schild, wudrauf noch ze lasen war: «Friede auf Erden!»

Aus: Wenzel, Max: Weißköppel-David 2. C. F. Pickenhahn & Sohn, 1935.