Christbaumerwachen, 2013

  • Aquarell

Anita Schneidewind

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Adventskalender 2013 der TU Chemnitz

Dr Peremettndokter


Weihnachtserzählung aus dem Erzgebirge, gekürzt, von Willy Nitzsche

Annaberger Marktpyramide, im Hintergrund St. Annen
Frieher hoo i Raachermannln, Holztaller, geschnitzte Hersch un Reh un aah Peremettn gemacht - gruße un klane, wie's nu gerod esu kam. Dos war abn mei Beruf. Es blieb aah net aus, doß de Leit mit Peremettn ze mir kame, die wing lawed warn oder wu wieder emal e neier Astrich nutwennig wur. Es hieß im Dorf: „Dr Willy werd's schu richtn“, un esu war'sch aah. Kam erscht emal de Weihnachtszeit raa, nort sooch's in dr Warkstatt aus wie in en Krankenhaus. Dohiertn stand e Bargma uhne Kopp, dortn log e Engel, dan e Fliegel fahlet [...], in dr Eck oder lahnet ene kaputte Peremett, of dar de Katz in vürig Gahr e paar Rundn hoot mit ümering fahrn wolln.

An dere Peremtt hoo i mehr Zeit nahgehängt, als wenn i ene neie gebaut hätt. Se war e schienes altes Stück Handarbet, dos sooch i of'n erschtn Blick. De Lindner Pauline, dar de Peremett gehäret, war schu ene alte Fraa, hätt de siebzig lang hinner sich gelossn. Wie se dos alte Stück ogeschleppt bracht, wur aah geleich de ganze Labnsgeschicht drzählt. De Peremett stammet noch vu ihrn Grußvotr, en Drachsler, dar se noch of ener Drehbank mit Fußahtrieb gemacht hoot. Wie dar tut war, kam se of'n Votr, un vu dan hoot se de Pauline gearbt.

E Maniche Stund hoo i dra ausgebessert, de agesengten Flügel nei gemacht, de Peremett zammgericht, agemolt, gespritzt und bronziert. Wie se nort esu dostand, hoot die mir esu gut gefalln, doß i se an liebstn geleich salber behalln hätt. Nort kam de Fraa Lindnern, üm se wieder ozehuln. När de Fraad bei dar ze sah, war mir ball Luh genug fer mei Arbet. Aa übersch annere Mol tot se mich in de hechsten Tön lubn: „Nu is dä dos Prachstück noch mei Peremett? Schie hobn se die gemacht! Ich glaab, mei Grußvotr tät für Fraad in Grob rümhuppn, wenn'r itze sei Wakr noch emol aguckn könnt.“ Geschwind wur de Peremett in dr Kist verpackt, of'n Handwogn gelodn, un de Pauline machet's Ding nauf in ihr Haisl.

Zwaa Tog später oder stand se wieder in dr Warkstatt, zug ene Flunsch un saht vorwurfsvoll: „Harr Willy, ich muß Ihne fei sogn - de Peremett gieht net. Se stieht wie e Och un dreht sich net. Könne Se net emol noochsah komme?“ Dos kunnt ich nu gar net vrstieh, dä bei mir in dr Warkstatt is se geloffn wie dr Teifel. „Zwelf Karzn hoo i agebrannt“, lamentieret de ugelückliche Fraa, „un noch emol geripplt hoot se sich!“ Üm ihr weng Mut machn, saht i: „Bevor mr se zammhackn, wolln mr dare Sach geleich emol of'n Grund gieh, hobn Se när e wing Geduld.“ Ich spürte, itze stand mei Renommee of'n Spiel, es ging üm mei Berufsehr. Geleich machetn mir zwaa uns of'n Wag.

Wie mir in dr Pauline ihrn Haisl akame, ginge mr schnurstracks nei dr Wohnstub, wo de Paremett stand. Die Fraa kramet de Streichhölzln hinnern Ufn vür un machet sich draa, de Karzn azezündn. „Sahn Se, Harr Willy, se stieht wie Ochs!“ „Potztausnd“, drwideret ich, „se läft wahrhaftig net. Oder wie wär's dä, wenn Se emaol dos Flügelrod of dr Spitz nauf setzn tätn - vrlecht gieht se nort?!“ De Pauline gucket mich wing vrnaalt aa, griff sich an Kopp, schlug de Aagn zer Zimmerdeck nauf - i dacht: „Hoffentlich werd se mir itze net uhnmachtig!“ Nort saht se mit zittriger Stimm: „Harr Willy, wos bie i fier e Schofkopp, ach Schofkopp is gar ka Wort ...“ „Lossen Se's när gut sei“, manet i itze grußmütig, montiered dos Flügelrod, dos noch in dr Kist rüm log - un de Peremett setzet sich in Beweging, genau esu schie still un leise wie vür zwaa Togn in dr Warkstatt.

De Paula hoot lang gebraucht, eh se wieder de alte wor. Aber mei Ruf als Peremettn-Dokter in ganzn Dorf bis an mei Labnsend war gefestigt.


Text: aus einem erzgebirgischen Weihnachtsbüchlein, mit freundlicher Genehmigung des Erzgebirgsvereins e.V.,