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Adventskalender der TU Chemnitz 2007

Klavierbauer


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Spiel am offenen Instrument: Schön sind die Hämmer und Saiten zu sehen.

Nun ja, das Erzgebirge ist nicht als Instrumentenbauzentrum bekannt. Der Musikwinkel liegt eher im Vogtland. Musiziert wird aber auch im Erzgebirge, und natürlich auch mit Instrumenten. Auf der Suche nach erzgebirgischen Instrumentenbauern werden wir gleich vor den Toren von Chemnitz fündig: Das Pianohaus Hofmann hat sein Domizil in Klaffenbach.

In dem kleinen Haus an der Hauptstraße befindet sich neben einem mit Klavieren vollgepfropften Verkaufsraum auch die Werkstatt, in der die Instrumente neu besaitet, überholt oder auch umfassend restauriert werden.

Ob Risse im Resonanzboden, Neubespannung oder Ersatz des Spielwerks - die Instrumente verlassen das Haus wie neu, es sei denn, der Kunde möchte die Spuren der Zeit erhalten. Wenn sämtliche Saiten entfernt werden müssen, um an den Resonanzboden zu gelangen, sind durchaus mehrere Tage Arbeit für ein Instrument aufzuwenden.

Die zahlreichen - bis zu 6000 - Einzelteile der Mechanik eines Klaviers liefern spezialisierte Firmen. Die abgebildeten Wirbel des gerade in Arbeit befindlichen Flügels kann man beispielsweise in Schritten von 0.2 mm Durchmesser bestellen.

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Mit diesen Wirbeln werden die Saiten gespannt.

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Viele Hebel wirken aufeinander, um den Hammer mit der optimalen Kraft zu beschleunigen. Hier das Hammerwerk eines Flügels.

Die Hammerwerke sind selbst in einem Instrument nicht alle gleich sondern unterscheiden sich je nach Neigung der Saiten in einem Anschlagfeld. Übrigens ist das Spielwerk ein wundervolles Beispiel, um Hebelgesetze zu studieren: Die Übertragung des Tastendrucks auf den Hammer geschieht über mehrere Glieder. Die sorgen dafür, dass der Hammer frei auf die Saite schlagen kann, sonst könnte sie nicht schwingen, übersetzen die nötige Kraft und ermöglichen das erneute Anschlagen nach einem Ton.

Besonderes Augenmerk gilt bei dieser filigranen Mechanik den Drahtlagern, denn durch das Arbeiten des Holzes kann es bei Feuchtigkeit zum Verklemmen, bei Trockenheit zum Klappern kommen. Alternative Werkstoffe setzten sich aber bislang nicht durch, zum einen, weil Billigproduzenten sie durch allgemeine Qualitätsmängel zu Unrecht in Verruf brachten, zum anderen, weil mit ausgefeilten Techniken die Probleme erfolgreich gemeistert werden.

So findet sich nach wie vor viel Holz und Filz in den Instrumenten, auch wenn höchst renommierte Hersteller mit dem Einbau von Messingprofilen begannen und seitdem Aluminium oder Grauguss für einige Bauteile selbstverständlich sind. Für den Resonanzboden bleibt Holz auf jeden Fall auf lange Sicht der einzig akzeptable Rohstoff.

Selbst der Filz, mit dem der Hammer auf die Saite trifft, ist mit seinen Eigenschaften ein kaum ersetzbares Material. Wird er verfestigt oder mit einer Nadel aufgerauht, so lässt sich der Klang des Instrumentes beeinflussen.

Zum Glück sind so tiefe Eingriffe in ein Instrument eher selten nötig. Ist das Klavier nur zu stimmen, so geschieht das besser an seinem angestammten Platz: Nicht nur, weil Klaviertransporte ja der Inbegriff für problematische Umzüge sind, sondern auch weil die Klimaveränderungen und Erschütterungen während des Transports die Arbeit des Stimmers zunichte machen.

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Bei diesem Flügel lassen sich die Saiten bequem im Stehen vorspannen.

Die handwerklichen Anforderungen beim Stimmen werden oft unterschätzt: Das Stimmen eines alten Instruments ist ein bisschen wie Lotto: Die Wirbel sind fest, und die Saiten mitunter korrodiert, so dass man erst einmal über das Ziel hinaus spannen muss, damit sich überhaupt etwas tut. Eigentlich ist aber nur eine winzige Drehung nötig, also wird anschließend wieder etwas nachgelassen. Das kann aber schon dazu führen, dass die Saite reißt. Insbesondere die Knickstellen an den Auflagepunkten sind hoch gefährdet.

So bleibt das Stimmen und Restaurieren also auf absehbare Zeit ein Beruf, der äußerst solide handwerkliche Fähigkeiten mit musikalischem Gehör und Gefühl kombiniert.

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Die komplizierte Mechanik der Spielwerke ist von außen kaum zu erahnen.

Umfangreiche Informationen zu Geschichte, Konstruktion, Pflege und Transport von Klavieren und sogar Noten finden sich unter http://www.pian-e-forte.de/.

Die Fotos wurden im Pianohaus Hofmann aufgenommen.

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Die Bemalung dieses Klaviers wurde von Künstlern entworfen und von Kindern ausgeführt.


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© Fotos: R. Sontag
Ralph Sontag, Die TU-Wichtel

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