Bräuche im Erzgebirge
zur Weihnachtszeit


Zu den Schönheiten des Erzgebirges, die Anton Günther in zahlreichen Heimatliedern besingt, gehören auch die Werke erzgebirgischer Volkskunst, die erzgebirgische Schnitzer mit Hingabe und Fertigkeit schufen und noch heute schaffen.

Engel und Bergmann

Engel und Bergmann In dem bunten Figurenwerk in erzgebirgischen Stuben zur Weihnachtszeit fehlen auf keinen Fall der lichtertragende Engel und der Bergmann. Sie verbinden Himmel und Erde in einer nirgends wiederzufindenden Symbolik. Erstmals sind Engel und Bergmann auf dem Bild einer erzgebirgischen Berglandschaft von 1520 zu sehen. Der Engel schwebt heran, um die Stelle zu zeigen, wo Erz zu finden ist, und der Bergmann beginnt mit der Arbeit.
In gedrechselter Form sind die beiden seit dem 19. Jh. in der weihnachtlichen Volkskunst gängig geworden. Allerdings kann man den Engel nur noch an den Flügeln erkennen. Durch die aufgemalte Schürze wurde er zu einer irdischen Jungfrau. Auch die Engelskrone wurde durch einen Schachthut des Bergmannes ersetzt. An der Anzahl der Engel und Bergmänner konnte man früher auch noch ersehen, wie viele Mitarbeiter ein Handwerker hatte. Für jede Magd stand ein Engel, für den Burschen ein Bergmann.

Räuchermännel

Räuchermann Damit es in den Stuben zur Weihnachtszeit auch weihnachtlich riecht, hat man sogenannte Räucherkerzchen verwendet. Diese kleinen Kerzen werden angezündet und erzeugen so den Weihnachtsduft (Weihrauch). Weil die Erzgebirgler erfinderisch ist, haben sie sich die Räuchermännel gemacht. In ihren hohlen Bauch werden die Räucherkerzchen gestellt, ähnlich wie in einen Weihrauchkessel. Aus der Öffnung im Kopf (meist der Mund) steigt dann der wohlriechende Duft heraus, deshalb hat das Räuchermännel meist eine Pfeife im Mund. Es gibt aber eine breite Palette verschiedener Ausführungen. An erster Stelle stehen die "Türken" und "Rastelbinder". Man erkennt hieran die Freude des Importierens aus dem Süden. Der "Türke" mit rotem Mantel und weisem Turban ist wahrscheinlich aus Österreich in die erzgebirgischen Volkskunst gekommen. Das Zentrum der Räucherkerzchenherstellung war und ist Crottendorf.


Die Weihnachtspyramide

Pyramide Eine erzgebirgische Erfindung zur Weihnachtszeit ist die Pyramide, oder wie sie hier genannt wird, die "Permett". Vorbild für die Drehpyramiden waren die Göpelwerke, die, von Pferden angetrieben, als Schachtförderanlagen dienten. Sie waren meist kunstvoll gestaltet. Geschickte Bergleute nahmen sich die drehende Bewegung in der Weihnachtszeit zum Vorbild und bauten danach die Pyramiden: an der Mittelachse wurden eine oder mehrere in Stockwerken immer kleiner werdende Holzscheiben befestigt, auf denen dann meist geschnitzte oder gedrehte Holzfiguren standen. Ganz oben befindet sich ein Flügelrad, das durch die aufsteigende Wärme der angebrachten Kerzen die Achse in Bewegung bringt. Als Figuren sind meist die Bergleute, Engel und die Gestalten der Christgeburt auf den Holztellern aufgestellt. Erstmalig wurden die Pyramiden in einer erzgebirgischen Chronik von 1716 erwähnt. Sie weist darauf hin, daß "die eitele und allerley Illumination liebende Jugend [...] Pyramiden von lauter Lichter" aufgestellt habe. Die Kerzen auf der Pyramide hatten für die Bergleute eine große Bedeutung: bei der Arbeit unter Tage konnten Sie mit dem Licht nicht verschwenderisch umgehen, jetzt aber, zum Christfest, konnten sie nicht genug tun mit dem "anheimelnden Lichteln und Zündeln". Neben der schlichten einstöckigen Pyramide gibt es eine große Palette verschiedener Variationen. Zum Beispiel die Pyramiden, der heutzutage im Großformat im Freien aufgestellt werden, sind zu einem Wahrzeichen der erzgebirgischen Weihnacht geworden.


Der Nußknacker

Nußknacker Neben dem Räuchermännel ist der Nußknacker eine andere nützliche gedrechselte Figur. Sie knacken nicht nur Nüsse, sondern tragen auch zur stimmungsvollen Gemütlichkeit bei. Meist werden Figuren aus der Obrigkeit dargestellt, wie z.B. der König, Förster, Nachtwächter und andere Respektspersonen.



Damit diese alten, schönen Bräuche nicht in Vergessenheit geraten, werden sie von Generation zu Generation weitergetragen. Wer mehr darüber erfahren möchte, kann auf viele Literaturstellen zurückgreifen, so z.B. das Buch "Das Erzgebirge" von H. Clauss, ISBN 3-89350-792-2, das u. a. auch als Quelle für vorliegenden Text diente.

Text und Fotos: F. Lohr, H. Schönwitz, M. Uhlig