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Freiräume schaffen

Das Lesecafé Odradek bietet mit seiner Bibliothek sowie zahlreichen Veranstaltungen Diskussions- und Diskursraum für Studierende und Interessierte

  • Die Band "Low Sea" stammt aus Irland und verschrieb sich der experimentellen Musikrichtung Shoegaze/Dream Pop. Am 12. November 2014 präsentierte sie sich bei einem Konzert in den Räumlichkeiten des Lesecafés. Foto: privat

„Wir schaffen Freiräume und organisieren unsere Bildung selbst.“ Unter dieser Leitidee gründete eine Studentengruppe der TU Chemnitz im Jahr 2007 das Lesecafé Odradek. „Die Ökonomisierung der Hochschule und die Umstellung auf das Bachelor-Master-System mit einer nicht umgehbaren Verschulung der Universität wollten wir nicht einfach so hinnehmen“, erklärt Chris Münster. Der 30-Jährige studiert den Magisterstudiengang Philosophie und Germanistik an der TU Chemnitz und ist zugleich koordinierender Kopf des Lesecafés Odradek an der Leipziger Straße 3. Dieses ist ein Nebenprojekt im Wohn- und Kulturprojekt Kompott und im ursprünglichen Sinn als Bibliothek zu begreifen. Doch es ist viel mehr als nur das. „Mit dem Lesecafé wollten wir eine Plattform für Studenten und Interessierte schaffen, die keine Grenzen oder Zwänge aufweist. Wir organisierten Lesekreise und kreierten gewissermaßen ein alternatives Veranstaltungsverzeichnis zur Uni. Inzwischen bietet das Café Raum für Literaturinteressierte, Antiquariatssurfer, Querdenker und Freigeister jeglicher Art“, so Münster.

Bunte Buchrücken schmücken die Decke, in der Ecke steht ein altes Klavier und sowieso erinnert die gesamte Einrichtung an einen Mix aus Großmutters heimeliger Wohnstube und dem Retro-Chic der 70er-Jahre. Gekauft wurden für dieses Café tatsächlich nur wenige Gegenstände. Nahezu die komplette Einrichtung stammt vom Sperrmüll, aus Second-Hand-Läden oder von Recycling- oder Papierwertstoffhöfen. Für den studentischen Verein ist die Finanzierung des Projektes Lesecafé Odradek nach wie vor schwierig. Bis auf die Spenden für die Getränke bei Veranstaltungen gibt es kaum Einnahmen. Doch das ist auch nicht Ziel des Projektes. Münster erklärt: „Bei uns im Lesecafé Odradek ist niemand ausgegrenzt, jeder ist willkommen. Wir wollen eine soziale Plastik schaffen, in der spontaner, kreativer Austausch jederzeit möglich und erwünscht ist. Dieser Raum ist eine Experimentierfläche für alle und alles. Wir sehen Kultur als Weg, sich selbst zu finden, die Gesellschaft zu reflektieren und zu befreien.“

Diese Spontaneität und kulturelle Offenheit zeigt sich vor allem bei Konzerten, Jam-Sessions oder gemeinsamen Kochabenden. Die meisten Konzerte sind gegen Hutspende zu genießen. Deren Musikrichtung ist offen und durch eine Vielfalt von Stilen und Kulturen geprägt. Auch neue Musikformen und experimentelle Dinge sind gern gesehen. In den Veranstaltungsräumen des Lesecafés finden auch Deutschkurse für Migranten statt. Regelmäßig treffen sich dort Flüchtlinge zum gemeinsamen Kochen und gegenseitigem Austausch. In der Gruppe diskutieren sie ihre aktuelle Lage und sprechen über die Situation von Minderheiten. Chris Münster betont, dass auch hier vor allem die Selbstverwirklichung im Fokus steht: „Bei uns versammeln sich eben nicht nur Arbeiter, Angestellte und Selbstständige, sondern auch Studenten, Arbeitslose, Migranten, Künstler und Interessierte. Jeder hat die Möglichkeit, etwas zu erreichen und sich zu verwirklichen. Unterschiedliche Vorstellungen und Ideen können umgesetzt werden.“ Verdeutlicht wird das unter anderem mit der derzeitigen Ausstellung „Ede Kunz’t. Nebenbei gezeichnet – Grafiken aus 20 Jahren“. Diese ist geradezu beispielhaft für die kulturelle Arbeit des Lesecafés: Ein über Jahre im Verborgenen schaffender Künstler wurde ermutigt, an die Öffentlichkeit zu gehen und damit in seinem bisherigen Tun bestätigt und anerkannt. Noch bis zum 6. Dezember werden einige Werke des 1974 geborenen Chemnitzer Künstlers Ede Kunz im Café ausgestellt.

Münsters persönlicher Wunsch für das Lesecafé Odradek ist vor allem die zukünftige Stabilisierung des gesamten Projektes, sodass es aus der Stadt nicht mehr wegzudenken ist. „Infrastrukturell und stadtgeografisch gibt es viel Luft nach oben, denn der Standort an der Leipziger Straße ist alles andere als ideal. Viele Studenten wissen nicht einmal, dass es uns hier gibt“, klagt Münster. Unterstützung erfährt das Projekt inzwischen vorrangig aus universitären Kreisen. Gemeinsam mit der Professur Neuere Deutsche und Vergleichende Literaturwissenschaft und in Kooperation mit dem Studentenrat der TU Chemnitz werden regelmäßig Lesungen im Café Odradek organisiert.

Weitere Informationen zum Lesecafé Odradek und Veranstaltungshinweise sind auf der Website zu finden unter http://odradek.blogsport.de/. Geöffnet ist das Café meist donnerstags ab 19 Uhr sowie bei Veranstaltungen. Im Lesecafé und im Kompott sind interessierte Menschen immer gern gesehen und in vielen Bereichen gibt es Möglichkeiten Unterstützung zu leisten und sich einzubringen. Kontakt: odradekweb@Safe-mail.net

(Autorin: Katharina Preuß)

Katharina Thehos
27.11.2014

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