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Internationale Auszeichnung für Prof. Dr. Olfa Kanoun

Chemnitzer Elektrotechnikerin erhält im Mai 2023 die Auszeichnung der „IEEE Instrumentation and Measurement Society“

Prof. Dr. Olfa Kanoun, Inhaberin der Professur Mess- und Sensortechnik an der Technischen Universität Chemnitz, erhält den „IEEE Instrumentation and Measurement Society Technical Award 2022“. Mit diesem Preis zeichnet das Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) – die weltweit größte Vereinigung im Bereich Elektrotechnik und Elektronik – Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für herausragende Beiträge oder Führungsrollen bei der Entwicklung von Messsystemen oder Messmethoden aus. Kanoun wird in diesem Jahr für ihre Pionierarbeit, die sie bei der Weiterentwicklung der Impedanzspektroskopie vom Labormaßstab bis hin zu prozessfähigen Sensoren leistet, geehrt. Die Auszeichnung wird der Chemnitzer Professorin im Mai 2023 auf der IEEE Instrumentation and Measurement Society Conference in Kuala Lumpur (Malaysia) überreicht.

In ihrer Forschung auf dem Gebiet der Impedanzspektroskopie hat Kanoun grundlegende methodische und international anerkannte Beiträge geleistet, die von den Grundlagen über experimentelle Methoden und physikalische Modellierung bis hin zu Signalverarbeitung und Systemdesign reichen. Mit ihren Beiträgen zu Designmethoden für Anregungssignale, Messsystementwurf, Systemmodellierung und Signalverarbeitung hat sie die Impedanzspektroskopie entscheidend vorangebracht. Dabei gelang es ihr, die Methode von einer Labormethode, die komplexe und teure Messgeräte erfordert, zu vollautomatischen Messsystemen mit exzellenten Eigenschaften weiterzuentwickeln. Diese können als dedizierte eingebettete Systeme mit begrenzten Ressourcen implementiert und im Prozess eingesetzt werden.

Kanoun hat durch radikale methodische Weiterentwicklungen in mehreren grundlegenden Aspekten dazu beigetragen, Perspektiven für einen breiteren Einsatz der Messmethoden in mehreren Anwendungsbereichen zu eröffnen, was nicht zuletzt zu einer neuen Generation von Messsystemen geführt hat, die auch unzugängliche Messgrößen messen können. So konnten mehrere konduktive, kapazitive, induktive und elektrochemische Feldsensoren mit deutlich verbesserten Eigenschaften realisiert werden. Diese bahnbrechende Entwicklung ermöglichte den Einsatz verschiedenster Sensoren in den unterschiedlichsten Bereichen. Unter anderem konnten Sensoren zur Überwachung von elektrochemischen Batterien, zur Qualitätsbewertung von Lebensmitteln, zur nicht-invasiven Bioimpedanzspektroskopie am menschlichen Körper, zur Diagnose von Kabelfehlern und zur Überwachung der Wasserqualität entwickelt werden. Die Publikationen von Kanoun auf diesem Gebiet sind daher die Referenz für viele andere Arbeiten und werden häufig zitiert.

Prof. Kanoun trägt maßgeblich zur weltweiten Vernetzung der Forschenden auf dem Gebiet der Impedanzspektroskopie bei. Seit 2008 organisiert sie jährlich den International Workshop on Impedance Spectroscopy (IWIS). Die jeweils im September stattfindende IWIS hat sich mittlerweile zur weltweit renommiertesten Plattform für den wissenschaftlichen Austausch rund um die Impedanzspektroskopie entwickelt und ist mit bisher 15 Editionen die weltweit am häufigsten stattfindende Konferenz zu dieser Messmethode.

Der Chemnitzer Elektrotechnikerin liegt nicht nur die Weiterentwicklung ihres Fachgebiets am Herzen, sondern auch die Ausbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Aus diesem Grund organisiert Kanoun seit 2017 jährlich unmittelbar vor der IWIS-Tagung die Advanced School on Impedance Spectroscopy (ASIS)", zu der sie Expertinnen und Experten aus aller Welt einlädt, um jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Grundlagen der Impedanzspektroskopie in all ihren Facetten theoretisch und praktisch zu vermitteln.

Stichwort: Impedanzspektroskopie

Die Impedanzspektroskopie ist eine spektroskopische Messmethode mit entscheidenden Vorteilen, die in verschiedenen Anwendungsbereichen eingesetzt wird. Die Anfänge der Impedanzmessmethoden gehen auf das 19. Jahrhundert und das Ohmsche Gesetz zurück. Damals sprach man noch nicht von "Impedanz", sondern vom Verhalten von Bauteilen in Abhängigkeit von der Frequenz oder Periode eines Wechselstroms. Oliver Heaviside führte Ende des 19. Jahrhunderts die Begriffe „Impedanz“, „Widerstand“, „Reaktan“" und „Widerstandsfähigkeit“ ein. Dies war ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zur heutigen Impedanzspektroskopie, die auf der linearen Systemtheorie basiert. Die Methode etablierte sich über viele Jahre in den Labors für elektrochemische Messungen und zur Charakterisierung von Bauelementen. In der Medizin wird die Methode heute in der Impedanzkardiographie (IKG) zur Bestimmung des Herzschlagvolumens eingesetzt. Auch in einigen Consumer-Produkten, wie z. B. Körperfettwaagen, wird das Verfahren eingesetzt.

Zur Person: Prof. Dr. Olfa Kanoun

Olfa Kanoun promovierte 2001 an der Universität der Bundeswehr München und erhielt den Dissertationspreis des Arbeitskreises der Hochschullehrer für Messtechnik (AHMT e. V., Deutschland). Bereits im selben Jahr gründete sie am Institut für Sensorik und Messsysteme der Universität der Bundeswehr München (Prof. Dr. Hans-Rolf Tränkler) die Arbeitsgruppe „Impedanzspektroskopie“. Im Jahr 2006 wurde sie zur Vertretungsprofessorin und Leiterin des Fachgebiets Messtechnik an der Universität Kassel ernannt. Seit 2007 ist sie ordentliche Professorin an der TU Chemnitz, wo sie die Professur Mess- und Sensortechnik leitet. Nach dem sie im Jahr 2008 den „International Workshop on Impedance Spectroscopy“ (IWIS) und im 2017 die „Advanced School on Impedance Spectroscopy" gegründet hat, hat sie  2018 die „Technical Committe Impedance Spectroscopy (TC2)“ ins Leben gerufen. Prof. Dr. Olfa Kanoun ist heute eine führende und international anerkannte Wissenschaftlerin auf dem Gebiet der Sensoren und Sensorsysteme. Laut einer Rangliste der meistzitierten Forschenden, die im Jahr 2020 von dem griechisch-amerikanischen Gesundheitswissenschaftler und Statistiker John P.A. Ioannidis aus Stanford erstellt wurde, gehört sie zu den Top-2-Prozent im Bereich Elektrotechnik. In der Literatur-Datenbank SCOPUS führt sie die Liste der Autorinnen und Autoren zum Thema Impedanzspektroskopie in Deutschland und weltweit die Liste der Autorinnen und Autoren auf dem Gebiet der Sensorsysteme für die Impedanzspektroskopie an. Sie hat 35 Dissertationen erfolgreich betreut. Sie veröffentlichte 550 begutachtete Publikationen, die mehr als 6.000 Mal zitiert wurden. Allein zum Thema Impedanzspektroskopie hat sie sieben Bücher herausgegeben.

Bedeutende Publikationen von Prof. Dr. Olfa Kanoun zur Impedanzspektroskopie:

  • Robuste stochastische Methoden zur Parameterextraktion aus Impedanzspektren (DOI: 10.1016/j.electacta.2005.02.123, 10.1016/j.electacta.2011.01.047)
  • Methoden zur Messung von Impedanzspektren in kurzer Zeit durch optimierte breitbandige Anregungssignale (DOI: 10.1088/1361-6501/abf78e, 10.3390/app12020591)
  • Entwurf von Messsystemen für die Bioimpedanzspektroskopie basierend auf breitbandige spannungsgesteuerte Stromquellen (VCCS) und (DOI: 10.1016/j.measurement.2015.07.054, 10.1515/teme-2015-0058)
  • Entwicklung neuartiger Methoden zur gleichzeitigen Messung impedimetrischer Sensormatrizen (DOI: 10.1109/JSEN.2020.2966141, 10.1109/JSEN.2019.2899135, 10.1109/JSEN.2022.3147038, 10.3390/chemosensors9120360)
  • Überblicksbeiträge zur Impedanzspektroskopie als Messmethode (DOI: 10.1016/j.measurement.2022.111067, 10.1109/MIM.2022.9759355)

Bedeutende Publikationen zu Prozesssensoren:

  • Eingebettete Impedanzspektroskopie für die Batteriediagnose in Fahrzeugen und in der stationären Energieversorgung (DOI: 10.1016/j.electacta.2005.02.148, 10.1515/teme-2014-1052)
  • Kapazitive Sensoren zur Messung der Ölqualität (DOI: 10.3390/s19194299, j.measurement.2022.111067)
  • Bodenfeuchtemessung mit Erkennung der Bodenart (DOI: 10.3390/app11041568, 10.1524/teme.2006.73.7-8.404)
  • Induktive Sensoren für die Prüfung des Materials und seines Spannungszustandes im Prozess (DOI: 10.1109/TIM.2020.3011489, 10.3390/s21082652)
  • Kabeldiagnoseverfahren zur Lokalisierung und Klassifizierung von Kabelfehlern (DOI: 10.1109/JSEN.2013.2269218, 22 Zitate, 10.1109/TIM.2014.2386918, 39 Zitate, 10.1109/LSENS.2021.3087539).
  • Charakterisierung von Sensormaterialien auf Nanokompositbasis (10.1016/j.sna.2016.12.011, 104 Zitate, 10.1177/0021998319870592, 10.1016/j.compscitech.2015.11.012)
  • Lebensmittelqualitätssensoren für z. B. Fleisch, Milch und Speiseöl (DOI: 10.1109/MIM.2018.8573593, 10.1109/JSEN.2014.2328858, 10.1088/1742-6596/434/1/012058)

Kontakt: Prof. Dr. Olfa Kanoun, Telefon +49 (0)371 531-36931, E-Mail Olfa.Kanoun@etit.tu-chemnitz.de

Mario Steinebach
27.03.2023

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